26.05.2023 Bruder Franz Richardt

375 Jahre Westfälischer Frieden

<> Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Franz Richardt

Ich lebe in Osnabrück, zusammen mit Münster eine der beiden Städte, die in diesen Tagen des 375-jährigen Jubiläums des Westfälischen Friedens gedenken. Viele Aktionen laden zum Mitmachen ein: eine menschliche Friedenskette von Osnabrück nach Münster, ökumenische Kirchentage, politische Kongresse.

Dieser Friedensschluss ist ein Vorbild für den mühsamen Prozess zum Frieden.

In § 1 ist den streitenden Parteien „eine heilige Friedenspflicht auferlegt, bis man sich durch Gottes Gnade über die Religionsfragen verglichen haben wird“. So gibt es heute bei Tarifverhandlungen ebendiese Friedenspflicht, bis ein Kompromiss gefunden ist.

Ebenfalls in § 1: Damals – im Streit zwischen den Konfessionen – soll „vollständige und gegenseitige Gleichheit herrschen, sodass das, was für den einen Teil Recht ist, auch für den anderen Teil Recht sein und alle Gewaltanwendung zwischen beiden Parteien für immer untersagt sein soll“. Weil jeder Mensch Ebenbild Gottes ist, hat er Anteil an einer absoluten Würde, die unantastbar ist. Aus der Menschenwürde entspringen die Menschenrechte. Der Staat gewährt die Menschenrechte nicht kraft eigener Vollmacht. Er ist ihnen unterstellt und hat sie zu schützen und zu achten. Deswegen ist er zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet. Das gilt im weitesten Sinn auch als Aufgabe für jeden: Toleranz!

Der Staat kam damals den streitenden Konfessionen zu Hilfe, weil sie es aus eigener Kraft nicht schafften, Frieden zu schließen. So heute: der Staat muss zu Hilfe kommen, weil die Kirchen es aus eigener Kraft nicht schaffen, Missbräuche aufzuarbeiten und abzustellen.

Und schließlich: Der Weg zum Frieden dauert – damals 30 Jahre.


Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert