08.09.2022 KNA / Caritas Berlin

Armutsspirale im Winter?

Werkstattgespräch der Berliner Caritas mit Sozialsenatorin Katja Kipping

Zum wiederholten Male ist die Suppenküche der Franziskaner in Berlin-Pankow der gastgebende Ort für ein Werkstattgespräch der Berliner Caritas gewesen. Caritasdirektorin Prof. Kostka führte mit Sozialsenatorin Katja Kipping und vielen Menschen aus dem Publikum ein sehr engagiertes Gespräch über die aktuell bedrängende Situation und wie ihr hier in Berlin begegnet werden kann. Die Suppenküche als Ort, an dem täglich Hunderte Menschen gesättigt werden, bot dabei den bestmöglichen Nährboden für ein konstruktives Gespräch auf der Suche nach guten Lösungen für noch gar nicht ganz absehbare Notlagen.

 

Werkstattgespräch in der Suppenküche: Caritas-Direktorin im Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka und die Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke). Bilder von Angela Kröll

Sozialsenatorin und Caritas fürchten „Armutsspirale“ im Winter

Die Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) und die Caritas fürchten eine neue „Armutsspirale“ im Winter angesichts stark steigender Energie- und Lebensmittelpreise. Politik und Gesellschaft müssten rasch gegensteuern, forderten sie am Montagabend bei einem Werkstattgespräch in der Suppenküche der Franziskaner zum Thema „Arm in Berlin – was können wir tun?“

Kipping sagte in den Räumen der Franziskaner, sie fürchte einen „langen Winter der Energiearmut“. Dieser werde ohne rasche Hilfe „diejenigen treffen, die jetzt schon nichts mehr haben und zusätzlich neue Gruppen“. Politik und Gesellschaft hätten die „Pflicht, entgegenzusteuern“, um die schlimmste Armut zu vermeiden. Gleichzeitig warnte sie vor einem allgemeinen Impuls, den Gürtel enger schnallen und etwa nicht mehr ins Theater oder Restaurant gehen zu wollen. Dies könne zu einem wirtschaftlichen und sozialen „Dominoeffekt“ führen, der „auch etwas mit der Stadt Berlin macht“.

Als Gegenmaßnahme schlug die Linken-Politikerin vor, gemeinsam als Stadtgesellschaft eine Art „Netzwerk der Wärme“ zu stiften, wo man sich austauschen und etwa über Hilfeleistungen informieren könne. Dazu könnten sich Stadtteilzentren, Suppenküchen sowie kulturelle Orte zusammenschließen. Auch die Religionsgemeinschaften sollten mit ins Boot. Erzbischof Heiner Koch und die Franziskaner haben dazu bereits ihre Zustimmung signalisiert. Der Winter könne in Erinnerung bleiben als Zeit, „wo man nicht nur gefroren hat, sondern wo man auch zusammengerückt ist.“

Die Caritasdirektorin im Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, erklärte, Not durch steigende Energie- und Lebensmittelpreise „ziehe immer weitere Kreise“. Sie sorge sich vor „einer neuen Armutsspirale“. Es sei die Aufgabe von Politik und Kirche, Betroffene zu stärken, bestimmte Sozialleistungen wie etwa Wohngeld auch in Anspruch zu nehmen. „Es gibt hier ein großes Schamgefühl“, so Kostka.

Im Anschluss ergab sich ein reges Gespräch mit den Besuchern der Veranstaltung, von denen einige selbst von existenzieller Armut betroffen sind, und die täglich zum Essen in die Suppenküche der Franziskaner kommen.


Ein Kommentar zu “Armutsspirale im Winter?

  1. „Gleichzeitig warnte sie vor einem allgemeinen Impuls, den Gürtel enger schnallen und etwa nicht mehr ins Theater oder Restaurant gehen zu wollen.“ Glaubt Frau Kipping tatsächlich, dass ein „weiter so“ die richtige Antwort auf die Energiekrise ist? Dass es ok ist, wenn diejenigen, die es sich leisten können, weiter ins Theater oder in die Restaurants gehen, während andere zu Hause bleiben müssen, weil das Geld hinten und vorne nicht langt? Ist das jetzt die Politik der Linken? Als Vorschlag kommt da ein „Netzwerk“ der Wärme“. Das hat ja bis jetzt auch schon wunderbar funktioniert, das Netzwerk der Christen, das Netzwerk der (Sozial)Politik. Warum gibt es denn überhaupt Menschen, die 2 und mehr Jobs haben, damit sie über die Runden kommen? Warum müssen Rentner weiter arbeiten oder Pfandflaschen aus Abfalleimern sammeln? Wie kann es sein, dass sich HARTZ VI-Empfänger zwischen ihren Terminen auf dem Arbeitsamt in Spanien die Sonne auf den Bauch scheinen lassen können während andere jeden Cent drei Mal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben? Da läuft doch etwas ganz gewaltig schief in dem ach so reichen Deutschland! Auch in der Schweiz kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn man liest, dass mehrere Tausend Tonnen Fleisch in der Biogasanlage landen, während es Familien gibt, die sich Fleisch nur alle „Jubeljahre“ leisten können. Dass dies geschieht, wird von den Grossverteilern damit begründet, dass bei der Weitergabe von Frischfleisch die Kühlkette eingehalten werden muss. Ja und? Wo ist da das Problem? Dann sorgt man halt dafür, dass Kühlwagen das Fleisch zu den Tafeln bringen. Das kostet Geld? Na und? Haben wir dieses Geld nicht, um unsere ärmeren Mitmenschen zu unterstützen? Wo ist denn da die christliche Solidarität? Wenn es hier schon nicht funktioniert, wie soll es dann im „Netzwerk der Wärme“ funktionieren?
    Was das Energieproblem und die seine Auswirkung auf die Stromkosten angeht, so hätte ich einen Vorschlag: Alle Energieunternehmen werden verstaatlicht und die Preise gedeckelt. Jetzt kommt bestimmt der Aufschrei „Das geht doch in der freien Marktwirtschaft nicht!“. Tja, mag sein. Aber es geht in einer „christlich ausgerichteten Wirtschaft“, die die Grundbedürfnisse der Menschen abdeckt und nicht auf Gewinnmaximierung um jeden Preis abzielt. Denn dass di Energiekonzerne in dieser Krise trotzdem Gewinn machen werden, das steht doch jetzt schon fest. Das Gleiche gilt m.E. auch für das Gesundheitswesen. Krankenhäuser müssen keinen Gewinn erwirtschaften, sondern die Menschen im medizinischen Bereich versorgen. Punkt.
    Aber wahrscheinlich ist das nur Utopie. Denn so, wie wir uns immer mehr von einer christlich geprägten Gesellschaft verabschieden müssen, genau so müssen wir wohl akzeptieren, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Uns bleibt nur, dass wir uns das Ganze dann schönreden und uns der Illusion hingeben, dass Netzwerke im kirchlichen und politischen Bereich die Lösung für die Probleme der Menschen sind. Übrigens einer Kirche, die den Rückhalt ihrer Mitglieder immer weiter und immer schneller verliert. Einer Politik, die von Lobbyisten beeinflusst wird und sich abhängig macht von den reichen Geldpendern.

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