„Zeit der Orden“ – so lautet der Titel eines kleinen Buches aus dem Jahr 1977, in dem der Münsteraner Theologe Johann Baptist Metz die mystische und politische Dimension der Nachfolge Jesu und in diesem Zusammenhang die prophetische Bedeutung des Ordenslebens für Kirche und Welt hervorhebt. Rund 40 Jahre später müsste ein solcher Buchtitel angesichts des dramatischen Mitgliederschwunds in den meisten Ordensgemeinschaften wohl zumindest mit einem Fragezeichen versehen werden.
„Anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Dogmatischen Konstitution Lumen gentium, die im 6. Kapitel von den Ordensleuten handelt, wie auch des Dekretes Perfectae caritatis über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens habe ich mich entsprechend dem Wunsch vieler von euch wie auch der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens entschlossen, ein Jahr des geweihten Lebens auszurufen“, so kündigte Papst Franziskus in einem Apostolischen Schreiben das Jahr der Orden an. Papst Franziskus greift in seinem Ankündigungsschreiben ausdrücklich ein Anliegen von Papst Johannes Paul II. auf: „Ihr sollt euch nicht nur einer glanzvollen Geschichte erinnern und darüber erzählen, sondern ihr habt eine große Geschichte aufzubauen! Blickt in die Zukunft, in die der Geist euch versetzt, um durch euch noch große Dinge zu vollbringen“ – Starke Worte!
Vor dem Hintergrund der Erosionsprozesse in den Ordensgemeinschaften nicht nur in Europa kann ein solcher Appell eine echte Provokation sein, ein Hervorrufen und Hervorlocken des Eigentlichen und Wesentlichen. Was also ist wesentlich für die franziskanische Bewegung, für franziskanische Ordensleute – trotz oder gerade wegen aller Krisenphänomene? In den Beiträgen des vorliegenden Tauwetter-Heftes gehen wir dieser Frage nach und feiern damit zugleich die Vollendung des 30. Jahrgangs unserer franziskanischen Zeitschrift für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Johannes Baptist Freyer, Professor für Franziskanische Theologie und Spiritualität in Rom, zeichnet von der Biographie des Franziskus und von den franziskanischen Quellen her die zentrale Bedeutung der Nähe der Franziskanerinnen und Franziskaner zu den Menschen am Rande der Gesellschaft nach. Es folgen zahlreiche Artikel, in denen franziskanische Schwestern und Brüder von ihren Erfahrungen und Engagements mit marginalisierten Menschen berichten. Allen Beiträgen ist gemeinsam, dass sie den franziskanischen Impuls zu einer Begegnung auf Augenhöhe ernst nehmen wollen.
Begegnung auf Augenhöhe – dieser Ausdruck ist auch ein möglicher Zugang zum Geheimnis des Weihnachtsfestes, das wir in diesen Tagen feiern. Die Tauwetter-Redaktion wünscht Ihnen gesegnete Weihnachten und viele bereichernde Begegnungen auf Augenhöhe im neuen Jahr!
Noch eine Bitte in eigener Sache: Bitte bleiben Sie uns auch im kommenden Jahr mit ihrer ideellen und und finanziellen Unterstützung solidarisch verbunden!
Inhalt
- „Und sie müssen sich freuen, wenn sie sich unter unbedeutenden und verachteten Leuten aufhalten“
Bruder Johannes Baptist Freyer - Jugendarbeit mit Muslimen, Roma und Jesiden in Deutschland
Bruder Jürgen Neitzer - „Alles wirkliche Leben ist Begegnung auf Augenhöhe“ (nach Martin Buber)
Stefanie Müllenborn - Die Suppenküche der Franziskaner in Berlin-Panko
Bruder Andreas Brands - Präsenz und Teilen – ein Leben mittendrin
Thomas Willms - Kirche auf der Straße – Obdachlosenseelsorge in Köln
Schwester Franziska Passeck
„Wo soll ich heute Nacht nur schlafen?“ – Leben und Arbeiten im Omnibus
Bruder Bernd Leopold - Wenn am Abend die Lichter ausgehen
Bruder Peter Amendt
Redaktion Tauwetter
Dinko Aracic, Peter Amendt ofm, Stefan Federbusch ofm.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Jürgen Neitzert ofm
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Redaktionsleiter Stefan Federbusch ofm
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Ich bedanke mich herzlich zu Ihrem Artikel: Interreligiöser Dialog – 29.01.2019.. Zusammen mit dem Imam der Schweizer Stadt Thun habe ich einen erfolgreichen interreligiösen Dialog verwirklicht. Wir sind sehr aktiv und ich habe eine Arbeit begonnen, um auf diese 800 Jahre hinzuweisen.