Bruder Peter Fobes

Brief und Segen an Bruder Leo

Wenn es dir gut tut, dann komm!

Eines der beiden handgeschriebenen Dokumente, die von Franziskus erhalten blieben, ist der Brief an Bruder Leo. Das kleine Stück Pergament wird im Dom von Spoleto aufbewahrt. Der andere Autograph ist der Lobpreis Gottes mit dem Segen für Bruder Leo. Franziskus spricht im Brief an Bruder Leo kurz das Grundanliegen seines Lebens an und empfiehlt es seinem Freund und Sekretär nachdrücklich.

Heute wird in der franziskanischen Spiritualität gerne die verdichtete Form des Zuspruchs an Bruder Leo am Ende des Briefes genutzt: „Wenn es dir gut tut, dann komm“

Brief an Bruder Leo

Bruder Leo, dein Bruder Franziskus wünscht dir Heil und Frieden.

So sage ich dir, mein Sohn, wie eine Mutter, weil ich alle Worte, die wir auf dem Wege gesprochen haben, kurz in diesem Wort unterbringe und rate – und wenn es dir nachher (doch) Not tut, um einen Rat zu mir zu kommen -, so also rate ich dir:

Auf welche Weise auch immer es dir besser erscheint, Gott, dem Herrn, zu gefallen und seinen Fußspuren und seiner Armut zu folgen, so tut es mit dem Segen Gottes, des Herrn, und mit dem Gehorsam gegen mich.

Und wenn es dir notwendig ist, um deiner Seele oder deines sonstigen Trostes willen zu mir zu kommen, und wenn du zu mir kommen willst, Leo, so komm.

 

Aus: Franziskus-Quellen, Butzon und Bercker 2009

Segen für Bruder Leo

Reliquie: Stark verblasst und kaum noch zu lesen. Der Segen an Bruder Leo wird im Original in der Basilika San Francesco in Assisi aufbewahrt
Reliquie: Stark verblasst und kaum noch zu lesen. Der Segen an Bruder Leo wird im Original in der Basilika San Francesco in Assisi aufbewahrt

In der Reliquienkapelle der Kirche San Francesco zu Assisi wird ein kleines Pergament aufbewahrt, das Franziskus eigenhändig beschrieben hat. Auf der einen Seite befindet sich dieser Segen. Er ist fast identisch mit den Worten, mit denen Aaron das Volk Israel gesegnet hat (vgl. Num 6,22-27). Aber Franziskus ergänzte diese Segensformel um den Satz „Dominus benedicat f. leo te“ (Der Herr segne Br. Leo dich).

Außerdem zeichnete er durch das Wort Leo das dem griechischen Alphabet entnommene Tau. Franziskus benutzte gerne diesen dem lateinischen T entsprechenden Buchstaben als Segenszeichen. Sein Biograf Thomas von Celano erinnert sich: „Vertraut war ihm vor allen anderen Buchstaben das Tau […]; mit ihm allein pflegte er seine Sendschreiben zu beglaubigen; mit ihm bemalte er die Wände der Zellen.“

Durch die Ergänzung der Worte „Der Herr segne Br. Leo dich“ erhält der Segen Aarons eine sehr persönliche Bestimmung: Franziskus richtet seine Worte ganz konkret an Bruder Leo, dem er durch das Tau, das Zeichen der Auserwählten, Befreiung und Rettung zuspricht. Auf dem Pergament steht noch eine Erläuterung, die Bruder Leo in roter Tinte hinzufügte. Es sei auf dem Berg Alverna gewesen, kurz nachdem Franziskus die Wundmale empfangen hatte. Er habe den Text mit eigener Hand für Bruder Leo geschrieben und auch das Tau gezeichnet. Ausführlicher berichtet der Biograf Thomas von Celano, der Franziskus noch persönlich gekannt hat:

„Bruder Leo war häufig von Zweifeln und Ängsten geplagt. Daher wünschte er sich ein von Franziskus aufgeschriebenes Trostwort, in der Hoffnung, dass dieses ihm von seinen Qualen befreien könne. Aber aus Scheu äußerte er seinen Wunsch nicht. Schließlich erfüllte Franziskus ihm von sich aus die unausgesprochene Bitte. Er beschrieb mit eigener Hand das kleines Stück Pergament: auf die eine Seite den Lobpreis Gottes, auf die andere Seite das Segensgebet.“

Bruder Leo trug das Schriftstück bis zu seinem Tod stets bei sich.


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