Am Abend vor seiner Hinrichtung, von Todesahnungen erfüllt, sehnt sich Jesus danach, noch einmal, zum letzten Mal, mit seinen engsten Freunden zu essen. Tischgemeinschaft mit anderen Menschen war ihm immer schon wichtig. Er lässt sich von Zachäus einladen, isst mit Pharisäern ebenso wie mit Sündern und Zöllnern.
Essen ist nicht nur essen. Es ist immer mehr. Da bin ich eingeladen und spüre in den Gesprächen bei Tisch, wie ich willkommen bin und beschenkt werde. Ein festliches Mahl erfüllt mich mit tiefer Freude und Dankbarkeit, und nicht nur deswegen, weil es einfach schmeckt: „Wir essen Brot, aber wir leben vom Glanz“ (Hilde Domin). Oder wir laden jemanden ein zum Essen und geben ihm so zu verstehen: Fühl dich daheim. Du gehörst dazu. Schön, dass du da bist!
Essen ist nicht nur essen. Es ist immer mehr. Das wusste auch Franziskus. Johannes, ein junger Bauer, will sich ihm anschließen. Die Familie bricht deswegen in Tränen aus. Was Franziskus dann tut, ist so einfach wie genial: „Bereitet ein Mahl, wir wollen gemeinsam essen, und weint nicht, denn ich werde euch sehr froh machen.“ Gesagt, getan. „Alle aßen gemeinsam mit großer Fröhlichkeit.“ Wie das? Es schmeckt. Man kommt ins Gespräch. Franziskus hört die Sorgen der Eltern. Die Kinder werden mit dem Fremden, der ihnen den großen Bruder wegnehmen will, gelacht und gespielt haben. Dass Johannes sie verlässt, bleibt schwer. Aber als sie gemeinsam Brot teilen und ein Glas Wein trinken, spüren sie eine tiefe Zusammengehörigkeit und merken, wie es so für alle gut ist. Ob sie beim Essen auch von Gott gesprochen haben? Vermutlich. Aber Gott war nicht nur in Worten da. Er war erfahrbar beim Essen. Oder ich denke an die drei „berüchtigten Räuber“, denen Franziskus einen Bruder mit Brot und einem Krug Wein hinterherschickt, über Berg und Tal, bis er sie findet. Als er ihnen den Tisch deckt, tut sich etwas in diesen drei Männern. Diesmal sind Brot und Wein nicht gestohlen, sondern – geschenkt! Einfach so. Und wie mit jedem Bissen der Hunger weicht und mit jedem Schluck das Picknick immer mehr zu einem Fest wird, spüren sie: Wir dürfen leben. Da gönnt uns jemand, dass wir da sind. Dieses Brot ist mehr als Brot, es ist Zuwendung. Durch die Mahlzeit geschieht Wandlung. Kein Wunder, dass sie dann „viel Buße tun“ und fromme Brüder werden.
Als Franziskus dann im Sterben liegt, „ließ er sich Brot bringen. Er segnete es, brach es und reichte jedem ein Stücklein zum Essen“. Feiert er da Eucharistie? Nein. Er ist kein Priester. Aber irgendwie doch. Anders als am Altar. Als er das Brot austeilt, teilt er noch einmal etwas von sich mit, Zuwendung, Sorge. Und als sie gemeinsam das Brot essen, erfahren sie noch einmal, was sie tief verbindet. Sie essen, während er stirbt, und spüren, wie Leben immer Geschenk ist. Als sie tun, was Jesus vor seinem Tod tat, ist dieser Jesus ganz bei ihnen und sie sind ganz bei ihm.
Das gemeinsame Essen ist inzwischen für viele Menschen, auch wenn sie mit anderen zusammen leben, eher die Ausnahme. Da gehen die Lebensrhythmen oft so auseinander, dass jeder mit der Mikrowelle oder dem Pizzaservice schauen muss, wie er satt wird. Zur Not kann man mal schnell im Stehen irgendetwas aus dem Kühlschrank in sich reinzustopfen. Wir verlieren viel, wenn keine Tischgemeinschaft mehr erfahren. Allein um satt zu werden, brauchen wir nicht zusammen zu kommen! Aber der gemeinsame Tisch verweist auf das, was verbindet, nicht nur an Festtagen, sondern alltäglich. Gemeinsame Mahlzeiten sind Fixpunkte, uns nicht aus den Augen zu verlieren. Das gilt gerade auch für echte, herzliche Gastfreundschaft.
Die Österlichen Tage beginnen mit dem Letzten Abendmahl und münden in die Mahlgemeinschaft des Auferstandenen mit den Jüngern in Emmaus. Sie erkennen ihn, als er mit ihnen Brot bricht. Das verweist auf die Eucharistie. Aber nicht nur. Wo wir beim gemeinsamen Essen Brot und ein Stück Leben teilen, ist Christus unter uns.