Ein Kommentar von Bruder Stefan Federbusch

Das Kreuz mit dem Kreuz

Ein Kommentar von Bruder Stefan Federbusch

Das Kreuz sei kein religiöses Symbol des Christentums, sondern ein „Bekenntnis zur Identität“ und zur „kulturellen Prägung“ Bayerns, so der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Entsprechend beschloss das bayerische Kabinett eine neue Vorschrift, dass in allen bayerischen Landesbehörden künftig Kreuze im Eingangsbereich hängen sollen. „Das Kreuz ist nicht ein Zeichen einer Religion“ und verstoße damit nicht gegen das Neutralitätsgebot.

Bruder Stefan Federbusch arbeitet im Exerzitienhaus der Franziskaner in Hofheim und ist leitender Redakteur der Zeitschrift „Franziskaner“. Bild von Kerstin Meinhardt

Bitte nicht schon wieder! Erneut eine politische Instrumentalisierung des religiösen Symbols des Christentums schlechthin.

Das Manöver ist mehr als durchsichtig. Es dient der Sicherung des „christlichen Abendlandes“ und dem Versuch, der politischen Rechten, insbesondere der AfD vor der bayerischen Landtagswahl im September möglichst das Wasser abzugraben. Die Sache hat nur mindestens zwei Schönheitsfehler. Zum einen ist das Kreuz primär ein religiöses Symbol. Für die Christen steht es für die Passion Jesu und das mit ihr verbundene Erlösungsgeschehen. Vom Ursprung her zwar tatsächlich ein politisches, nämlich römisches Macht- und Herrschaftszeichen, wurde es im Laufe der Geschichte immer wieder für politische Zwecke missbraucht. Zum anderen wird das Kreuz insbesondere von der CSU gerade nicht im Sinne der Integration verwandt, sondern als Zeichen der Ausgrenzung. Juden, Muslime und Gläubige anderer Religionsgemeinschaften werden es nicht als ein gemeinsam geteiltes Zeichen verstehen. „Weder Juden noch Atheisten noch Muslime identifizieren sich mit dem Kreuz“, so Mohamed Abu El-Qomsan, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Bayern.

„Niemand darf ein religiöses Symbol wie das Kreuz für politische Zwecke missbrauchen“, stellte Heinrich Bedford-Strom, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland klipp und klar fest. Wer aber das Christentum vereinnahme, um nur die eigenen Ziele zu legitimieren, der habe das Kreuz nicht verstanden. Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx lässt sich das Kreuz nicht verordnen. Wenn es auf die kulturelle Funktion reduziert werde, dann werde es im Namen des Staates enteignet. Für ihn ist das Kreuz „ein Zeichen des Widerspruchs gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen. Ein Kreuz aufhängen heißt: Ich möchte mich an den Worten dessen orientieren, der am Kreuz für die ganze Welt gestorben ist. Das ist eine Provokation, für jeden Christen, für die Kirche, aber auch für den Staat, der sich auf dieses Zeichen beziehen will.“ Es gelte, die Würde jedes Menschen zu achten, besonders der Schwachen. „Wer ein Kreuz aufhängt, muss sich an diesen Maßstäben messen lassen.“

Von einem christlichen Politiker erwarte ich, dass er mit einem so ambivalenten Symbol wie dem Kreuz verantwortungsvoll umgeht. Das religiöse Symbol menschlicher Ohnmacht als Zeichen staatlicher Macht darzustellen ist schlicht Missbrauch! Markus Söder erwartete mit seiner Polit-Performance die Zustimmung der Kirchen. Ihr werdet doch zu Eurem Symbol stehen. Tun wir, aber erstens nicht in dieser Art von Vereinnahmung und zweitens nicht in dem von Dir gemeinten Sinn. Unsere Identifikation mit dem Kreuz besteht in der Solidarität mit den Ohnmächtigen, Schwachen und Ausgegrenzten. Will Markus Söder tatsächlich eine christliche Leitkultur, dann muss diese als konkrete Praxis die Nächstenliebe beinhalten, die sich im Umgang beispielsweise mit Menschen anderer Religionen oder mit Flüchtlingen zeigt.

Als staatliches Kultursymbol taugt das Kreuz nicht. Ein derartiges politisches Handeln missbraucht Religion und führt eher dazu, durch Abgrenzung Auseinandersetzungen zwischen den religiösen Gemeinschaften zu befeuern als den Dialog und das friedliche Zusammenleben. Liebe „christliche“ Politiker, wann kapiert Ihr dies endlich?