11.12.2018 Klarissen am Dom in Münster

„Dialog heißt Kompromiss.“

Ein befremdliches Bild für einen Adventsbrief!

„Dialog“, Keramikskulptur von Ilse Wittkampf. Bild von Klarissen am Dom in Münster.

Eine Keramik-Skulptur der Künstlerin Ilse Wittkampf, die sie unter einen Ausspruch des Dalai Lama stellt: „Dialog heißt Kompromiss.“ Das Bild vermittelt keine kerzenwarme Atmosphäre, sondern rückt nüchtern in den Blick, was die Basis für alles andere sein sollte.

Wer aufmerksam die Welt anschaut, wird notgedrungen zugeben müssen, dass fast alle Dialoge entarten in in sich verkrümmte Gespräche, sei es in der Politik im Großen wie im Kleinen, in der Arbeitswelt, in Familie und ja auch oft in der Kirche. Zu Beginn der Bischofssynode über die Jugend sagte Papst Franziskus: „Nur der Dialog kann uns wachsen lassen. Und der Mut zum Sprechen und die Demut des Zuhörens gehören zusammen.“ Aber wer hört denn wirklich zu? Zum Ende der Synode nannte der Papst als einen ersten Schritt, um den Weg des Glaubens zu begleiten, das „Apostolat des Ohrs: zuhören, bevor man spricht.“

Und unser Bild? Der linke Teil des Keramik-Objektes steht für Kompromiss. Die Bestandteile des Wortes verteilen sich in Großbuchstaben über die ganze Fläche, und da liest man u.a.: KOMM, SOS, PRO und andere Wortgebilde. Der rechte Teil trägt das Wort Einigung, auch hier wieder mit vielen Möglichkeiten, neue Worte zu finden wie GENUG, UNEINIG, NIE, NEIN. Diese beiden miteinander sprechenden Flächen kämpfen fast in einem Prozess miteinander, sind noch voneinander abgewandt, bleiben aber aufeinander bezogen. Im Dialog um der Einigung willen einen guten Kompromiss eingehen: Bild einer jeden lebendigen Beziehung und darin ein Bild der Menschwerdung Gottes und unserer eigenen. In seiner Menschwerdung tritt Gott in einen neuen Dialog zum Menschen ein und nimmt den Kompromiss der irdischen Einschränkung auf sich. Wie oft wissen wir schon, was Er sagen will, und hören nicht wirklich hin? Wie oft reagieren wir mit Nein, Nie, Genug? Was uns aufschreckt aus unserem vertrauten Lebensraum, wehren wir meist ab und hören nur das, was wir schon wussten. Doch damit der Dialog gelingen kann – zwischen Gott und uns und zwischen uns untereinander – ist es notwendig, Ohren und Herz zu öffnen, um unvoreingenommen zu hören, bevor wir reagieren. Gelingen kann es nur, wenn wir über den Augenblick hinaus nicht nur auf uns, sondern auf den anderen schauen. Da steht mitten im Kompromiss-Feld das Wörtchen PRO – „für“, wie ein Warnschild in Rot geschrieben. Dieses Pro entscheidet oft über den Ausgang, ein „fauler Kompromiss“ führt nicht zur Einigung, sondern zum Unfrieden.

Kompromiss hat manchmal für uns einen etwas fragwürdigen Klang, als würde etwas Kostbares verbilligt, als würde die Einigung zum Einerlei. Aber Kompromiss bedeutet nicht Anpassung um jeden Preis, sondern Loslassen der Dinge, die nicht die Identität ausmachen, aber unter Umständen vertraute Sicherheit bieten. Und zwar Loslassen als Herzensangelegenheit, weil Leben nur in Beziehung lebendig ist und weil wir wissen dürfen, dass Gott längst dieses PRO geschenkt hat.

Advent, zugehen auf das Kommen Gottes in Seinem Wort, das Fleisch wird, – was könnten wir Besseres tun, als schweigen und hinhören, um für das WORT bereit zu werden? Schweigen und Hinhören als adventliche Grundhaltung, damit unsere Dialoge durch gute Kompromisse zur Einigung führen und Weihnachten ein Fest der Menschwerdung wird – Gottes und unserer eigenen. Voller Dank für alles, was Sie uns schenken, wünschen wir Ihnen eine gesegnete Adventszeit und ein gnadenreiches Weihnachten.

Ihre Klarissen am Dom in Münster

 


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