Bruder Cornelius Bohl

Die Firmung

Nachdenken über die Sakramente

 

Christen sind Online
Christen sind online

„Wenn man befürchtet, dass die Laien nicht zum pastoralen Handeln fähig sind, warum firmt man sie dann? Sollen sie Unmündige in der Kirche bleiben?“ Erzbischof Albert Rouet von Poitiers begründete mit diesen Sätzen ein pastorales Modell, das inzwischen auch die Diözese Linz und andere Ortskirchen inspiriert: Laien werden offiziell beauftragt für die Grundfunktionen einer christlichen Gemeinde – Glaubensverkündigung, Gebet, Diakonie – und tragen so gemeinsam mit dem Pfarrer Leitungsverantwortung für eine Pfarrei. Nicht als Notlösung, weil es zu wenig Priester gibt. Sondern weil sie als getaufte und gefirmte Christen den Geist empfangen haben, der sie befähigt und sendet zum Aufbau von Kirche.

Bereits in der Taufe schenkt Gott seinen Geist. Braucht es da noch die Firmung als eigenes Sakrament? Tatsächlich haben die orientalischen Kirchen die Einheit der beiden Initiationssakramente gewahrt, nur der Westen hat die Firmung als selbstständige Feier aus dem Taufgeschehen ausgegliedert. In einer Zeit, da überwiegend immer noch Kinder getauft werden, hat das einen guten Sinn: Die Firmung ist persönliche Ratifizierung, Bekräftigung und Entfaltung der Taufe. Sie macht deutlich: Glaube ist Geschenk – braucht aber auch eine klare Entscheidung! Erst in meinem Ja zu Gott kann das Ja Gottes zu mir fruchtbar werden. In der endlosen Debatte um das angemessene Firmalter gibt es für einen früheren wie für einen späteren Zeitpunkt gute Argumente. Aber das Moment der persönlichen Entschiedenheit sollte vorkommen, etwa in der bewusst freiwilligen Anmeldung der Firmlinge. Initiationsriten als Übergang zum Erwachsenwerden in vielen Kulturen und Religionen oder auch die sozialistische Jugendweihe zeigen, dass Entscheidung und Übernahme von Verantwortung Reifung ermöglichen.

Der Geist Gottes hat drei große Aufgaben im Leben des Christen. Er erinnert an Jesus (Joh 14,26), vergegenwärtigt Jesus (Joh 16,14), hält uns mit Jesus in lebendiger Verbindung. Geistbeschenkte Christen sind sozusagen immer online! Zugleich ist er eine dynamische Kraft, die nach vorne drängt: Er führt schrittweise in die ganze Wahrheit (Joh 16,13), sendet in die Welt (Joh 20,21ff.). Schließlich bewirkt er Veränderung und Wandlung. Die Firmung buchstabiert das in meine persönliche Biografe: Weil ich im Heiligen Geist mit Jesus verbunden bin, kann ich mich mutig auf alle Veränderungen des Lebens einlassen und darauf vertrauen, dass Wandlung, Heilung und Neubeginn möglich sind. Zugleich stellt mich die Firmung in die Wirklichkeit von Kirche: Durch den Geist mit Jesus verbunden, erfahre ich mich als Glied seines Leibes und bin dazu gerufen, am Aufbau dieses Leibes mitzuarbeiten. Die Charismen, die Geistesgaben, sind Geschenke Gottes an mich – aber nicht für mich, sondern für andere.

Die Hinführung junger Menschen zur Firmung ist schwierig, aber auch eine große pastorale Chance. Das zeigen die ganz unterschiedlichen Firmkonzepte in unseren Pfarreien. Die Verantwortung für die Begleitung zu dieser vollen Aufnahme in die Kirche liegt bei der Gemeinde als Ganzer. Das mystische Geschehen der Firmung ist zugleich von politischer Sprengkraft: Der Geistempfang schafft und garantiert die wesentliche Gleichheit und Würde aller Glieder des Leibes Christi vor jeder Ausdifferenzierung in bestimmte Ämter. Und sie befähigt zu etwas, das heute besonders wichtig ist: zu einer erwachsenen, vor dem eigenen Gewissen verantworteten und in die Kirche eingebundenen Unterscheidung der Geister.

Erstveröffentlichung Zeitschrift „Franziskaner“ Herbst 2012


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