Die Franziskanische Familie wird häufig als Baum mit zahlreichen Ästen und unzähligen Trieben dargestellt. In dieser Ausgabe stellen wir das franziskanische Säkularinstitut der Missionarinnen des Königtums Christi vor. Dabei geht es nicht um eine wissenschaftliche Einrichtung, Säkularinstitute sind vielmehr – wie Ordensgemeinschaften – eine Form des geweihten Lebens. Monika Otto, die Ansprechpartnerin des Säkularinstitus in Deutschland, nutzt den 100. Geburtstag, um Rückschau zu halten und den Standort und Auftrag zu bedenken.
Kurz nach dem Schrecken des Ersten Weltkriegs wagen sich zwei charismatische franziskanische Menschen aus Mailand, der Mediziner Pater Agostino Gemelli OFM und Armida Barelli, deren Seligsprechung bevorsteht, auf einen neuen Weg. Es entsteht eine Berufungsform zu einer Sendung in der Welt, aus der Dynamik von Taufe, Firmung und Weihe mit den Versprechen von Armut und Gehorsam und dem Gelübde der Ehelosigkeit. Die Lebensform sieht kein klösterliches Miteinander vor, wohl aber eine Gemeinschaft, die geeint ist durch das gemeinsame Charisma, wie es in den Konstitutionen entfaltet wird, in der jede Einzelne als „Vorposten“ an ihrem eigenen Platz – doch vielfältig vernetzt – lebt. Am 19. 11. 1919 legen die ersten 12 Frauen im Chor der heiligen Klara von San Damiano in Assisi ihre Profess (Versprechen) ab. Eine Aufgliederung in Gruppen, monatliche Einkehrtage, später dann auch internationale Kontakte und Treffen der weltweit vertretenen Mitglieder tragen mit zur gemeinsamen lebenslangen geistlichen und menschlichen Formung bei.
Ein junger Trieb am franziskanischen Baum
Nach einer Phase der Erprobung und des Wachstums findet 1947 diese Berufungsform des Miteinanders von gültiger Weihe und voller Weltlichkeit ihre offizielle Anerkennung. „Eine revolutionäre Geste der Kirche“ (Papst Franziskus). Papst Pius XI. gab dem franziskanischen Säkularinstitut 1927 den Namen „Missionarinnen des Königtums Christi“. Das Institut, das sich über Italien hinaus auszubreiten beginnt, wird päpstlichen Rechts, zunächst über den dritten Orden Teil der Franziskanischen Familie, bestätigt später der Generalminister Konstantin Koser die Angliederung an den ersten Orden. Die Leitung liegt von Anfang an in den Händen von Frauen, Generalassistent ist stets ein Franziskaner. 1928 wurde das franziskanische Männerinstitut gegründet, 1953 das Säkularinstitut für Diözesanpriester. Wir Frauen sind zurzeit mit etwa 2.000 Missionarinnen in über 30 Ländern auf allen Erdteilen vertreten.
Bewerberinnen beginnen nach einer Phase des gegenseitigen Kennenlernens die drei Jahre der Vorbereitung auf die Erste Profess, der noch einmal fünf Jahre bis zur endgültigen Eingliederung in die Gemeinschaft folgen. Eine Berufung, die viel Eigenständigkeit erfordert und nicht immer leicht ist, wenn sie ehrlich gelebt werden will. Eine faszinierende Berufung, eine Herausforderung, immer mehr Tiefe und Weite zu gewinnen. Ich bin dankbar dafür.
Papst Franziskus zum geweihten Leben der Säkularinstitute
„Ich kenne und schätze eure Berufung! Sie ist eine der jüngsten Formen des von der Kirche anerkannten und approbierten geweihten Lebens, und daher wird sie vielleicht noch nicht in ganzer Fülle verstanden. Verliert nicht den Mut: Ihr gehört zu jener armen Kirche „im Aufbruch“, von der ich träume! Aus Berufung seid ihr Laien … wie die anderen und mitten unter den anderen. Ihr führt ein gewöhnliches Leben, ohne äußere Zeichen, ohne die Unterstützung eines Gemeinschaftslebens, ohne die Sichtbarkeit eines organisierten Apostolats oder besonderer Werke. Ihr seid nur reich an der allumfassenden Erfahrung der Liebe Gottes und seid daher in der Lage, die Mühe des Lebens in seinen zahlreichen Formen zu erkennen und zu teilen und sie mit dem Licht und der Kraft des Evangeliums zu durchdringen“.
Papst Franziskus an die Teilnehmenden der Konferenz der Säkularinstitute am 10. Mai 2014
Erstveröffentlichung Zeitschrift Franziskaner / Sommer 2018