Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin hat am 26. Januar die franziskanische Initiative 1219. Religions- und Kulturdialog e.V. mit dem Drei-Königs-Preis ausgezeichnet. Mit diesem Preis honoriert die Organisation der Laien und ehrenamtlichen Aktiven in der katholischen Kirche sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen, die sich in besonderer Weise für das friedliche Zusammenleben der Religionen und Kulturen engagieren.
Mit ihrem Einsatz leistet die franziskanische Initiative 1219 Religions- und Kulturdialog einen „wichtigen Beitrag gegen Vereinfachung, Vorurteile und Xenophobie. Darüber hinaus fördert sie das freie, friedliche und gedeihliche Miteinander!“ Heißt es in der Begründung.
Die franziskanische Initiative 1219 Religions- und Kulturdialog ist seit 2012 im Religionsdialog und der religionsübergreifenden Zusammenarbeit aktiv. Sie vermittelt Wissen über die Glaubensinhalte verschiedener Religionen. Mit Vorträgen, Seminaren, Tagungen und Publikationen bringt sie Bräuche, Riten, Rituale und Hintergründe den Menschen näher. Im gemeinsamen Engagement mit dem Berliner Forum der Religionen organisiert 1219 zusammen mit einem interreligiös besetzten und ehrenamtlichen Initiativkreis die Lange Nacht der Religionen in Berlin. 2017 beteiligten sich fast 100 Religionsgemeinschaften mit rund 10.000 Besuchern an dieser interreligiösen Veranstaltung.
Zurzeit setzt sich 1219 gemeinsam mit der Initiative „Ohne Unterschiede“ in besonderer Weise für einen fairen Umgang mit Muslimen sowie dem Islam ein.
Der Name 1219 bezieht sich auf das Jahr 1219, in dem der heilige Franziskus von Assisi während des 5. Kreuzzuges nach Ägypten reiste, um im Gespräch mit dem militärischen und geistlichen Oberhaupt der Muslime, Sultan Al-Kamil Muhammad al-Malik, den Krieg zu beenden.
In seiner Dankesrede zur Preisverleihung, die wir hier wiedergeben, betonte Dr. Thomas M. Schimmel, ausgehend von franziskanischen Werten, die Aktualität des interreligiösen Dialoges gerade für unsere Zeit.
Liebe Diözesanräte,
lieber Herr Streich, lieber Herr Gräf,
lieber Erzbischof Heiner,
liebe Brüder und Schwestern!
Vielen herzlichen Dank für diese Auszeichnung, die uns ehrt und die uns in unserer Arbeit ermutigt. Leider kann unser Vorsitzender, Pater Claudius Groß, heute diese Auszeichnung nicht entgegennehmen, da er schwer erkrankt ist. Bitte schließen Sie ihn in Ihr Gebet mit ein. Das Preisgeld werden wir für eine Publikation über Gebet in den verschiedenen Religionen einsetzen.
Als franziskanische Initiative 1219. Religions- und Kulturdialog arbeiten wir in der Nachfolge des heiligen Franziskus von Assisi. Für ihn waren der Respekt vor der Schöpfung und der Frieden zentrale Punkte seines Glaubens: Er behandelte alle mit der gleichen Hochachtung – ob Mann oder Frau, Räuber oder Mitbruder, Papst oder Sultan.
Im Jahr 1219 – also vor 800 Jahren – reiste Franziskus nach Ägypten, wo im Nildelta der 5. Kreuzzug blutig tobte. Er wollte das geistliche und militärische Oberhaupt der Muslime treffen: Sultan Al-Kamil. Er tat dies in einer Situation, in der Hass und Krieg zwischen Christen und Muslimen herrschte. In den Jahren zuvor zogen Hassprediger durch Europa. Sie versprachen den Unterstützern eines Kreuzzuges gegen die Muslime das Paradies und Kritikern ewige Verdammnis. Sie schürten Vorurteile und haben Feindschaft gesät.
Franziskus hat das auf seine eigene Weise beeindruckt. Von ihm sind keine negativen Äußerungen gegen Muslime oder den Islam bekannt. In einer Gefechtspause ging Franziskus also vom Lager der Kreuzfahrer aus ins Lager der Muslime und wurde dort freundlich aufgenommen. Er traf den Sultan, sprach mit ihm und wurde ein paar Tage später unter muslimischem Militärschutz zurück in das Lager der Christen geleitet.
Franziskus hat bei dieser Begegnung und im Lager der Muslime viel gelernt. Er hat muslimische Glaubenspraxis erlebt und er hat diese Erfahrungen in praktisches Handeln umgesetzt: So weist er beispielsweise nach seiner Reise die Brüder, die unter Muslimen leben, an, jedermann untertan zu sein, keinen Zank und Streit zu beginnen, das Christentum zu bekennen, aber nur dann über den Glauben zu diskutieren, wenn es Gott offensichtlich gefällt. Mit seinem Lobpreis Gottes verfasst er eine Fortsetzung des muslimischen Gebetes der 99 schönsten Namen Gottes. Und in seinem Testament empfiehlt er, bei jeder Gelegenheit mit: „Der Herr gebe Dir Frieden“ zu grüßen, auf arabisch – Salam aleikum.
Dieses Ereignis aus dem Leben des Franziskus führt uns nochmal vor Augen, dass wir Christen eine besondere Verpflichtung für den Frieden und den respektvollen Umgang miteinander haben. Es ist unser ureigenster Auftrag, uns für das friedliche Miteinander einzusetzen: In der globalisierten Welt, in den Dörfern und Gemeinden, in der Stadt, im Kiez – ja sogar im Schöneberger Hinterhaus links. Wir Christen haben aus eigenem Selbstverständnis keine Feinde – und wenn sich andere zu unseren Feinden erklären, dann ist uns aufgetragen, sie zu lieben und entsprechend zu handeln. Wenn wir diesen Auftrag nicht erfüllen und in unserer Zeit, an unserem Ort nicht umsetzen, nehmen wir unseren Glauben nicht ernst. Franziskus hat uns auf beeindruckende Weise ein Vorbild gegeben. Als franziskanische Initiative versuchen wir, diesem Vorbild im interreligiösen Dialog nachzueifern. Das bedeutet auch, dass wir uns in dieser Zeit und in dieser Stadt sehr deutlich gegen Antisemitismus, Islamophobie, Populismus, Polemik und Generalverdächtigungen positionieren.
Herzlichen Dank!