24.12.2018 Bruder Cornelius Bohl

Echt und ohne Floskeln

Ein Weihnachtsimpuls von Provinzialminister Cornelius Bohl

Heruntergekommener Gott. Bild von Bruder Michael Blasek, Skulptur von Laurentius Englisch ofm

Berge von Weihnachtspost. Da gibt es viele erwartbare und manchmal etwas abgenutzte Formulierungen, es geht um Liebe und Frieden, um Licht im Dunkel und Sterne in der Nacht. Bei einem Gruß aber stocke ich: „Wenn wir ehrlich und echt sind und auf Floskeln verzichten, dann wird Weihnachten“.

Warum lässt mich dieser Satz aufhorchen? Vielleicht deswegen, weil ich immer mehr erlebe, wie mit „alternativen Fakten“ und fake news Politik gemacht wird. „Präsident Trump lügt selbst im höchsten Amt der USA, dass sich die Balken biegen“, so Kardinal Woelki kürzlich in einem Interview. Über die social media werden bewusste Falschmeldungen flächendeckend gestreut. Populisten bringen mit billigen Schwarz-Weiß-Parolen, leeren Versprechungen und gezielten Feindbildern Massen auf ihre Seite. Und es wird betrogen und vertuscht – angefangen vom Diesel-Skandal bis zum Umgang von Kirchenleuten mit Fällen sexuellen Missbrauchs. Wie wohltuend ist es da, einem Menschen zu begegnen, bei dem man den Eindruck hat: Der ist ehrlich und echt und versteckt sich nicht hinter schönen Floskeln.

Wir produzieren Berge von Geschriebenem. Jesus hat keinen einzigen Satz geschrieben. Er spricht mit konkreten Menschen. Mehr noch als durch Worte kommuniziert er durch das, was er tut, mit seinem Leib: Er läuft Menschen nach. Sieht sie an. Legt Kranken die Hände auf. Bricht Brot. Er weint. Er fällt unter einer schweren Last. Er hält aus. Das ist „Körpersprache“ im wahrsten Sinn des Wortes. Worte können lügen. Körpersprache nicht. Jesus ist ehrlich. Echt. Er braucht keine Floskeln.

„Das Wort wird Fleisch“, heißt es im Prolog des Johannesevangeliums. Was Jesus in seinem Leib tut, spricht zu uns von Gott und vom Menschen, ehrlich und echt. Das frierende und schreiende Kind, irgendwo draußen am Weg geboren, weil ihm alle Türen verschlossen bleiben, ist das Wort Gottes an uns, schnörkellos, ohne Floskeln.

Echt sein und ehrlich. Als ein besorgter Guardian dem schwerkranken Franziskus rät, mit einem Fuchspelz unter seinem Habit den entzündeten Magen zu wärmen, lässt der Heilige das nur geschehen, wenn auch außen ein Pelzstück gleicher Größe aufgenäht wird, damit er „nach außen sich nicht anders zeige als innen“. „O idem lingua et vita! Idem foris et intus!“, kommentiert Thomas von Celano, „Du, immer der Gleiche in Wort und Leben, außen und innen“, echt und ehrlich (2 C 130).

Die Menschwerdung Gottes lädt ein, echt und ehrlich zu sein, sich selbst und anderen nichts vorzumachen. Zum Beispiel: Ich verstecke mich nicht hinter den großen Worten, die wir Christen vor uns hertragen, sondern versuche, schlicht und einfach ein klein wenig davon in meinem Alltag zu verwirklichen: einen bescheidenen Lebensstil, eine ehrliche Beziehung zu Gott, sich immer neu einlassen auf die konkreten Menschen, verzeihen können, nicht gleich die Hoffnung aufgeben, konkret etwas tun für die Bewahrung der Schöpfung. Oder: Mut haben zu einem ehrlichen Austausch untereinander. Oder: Wir bemühen uns um ein ehrliches geistliches Leben in Formen und in einer Sprache, in der wir selbst wirklich vorkommen.

In unseren Kirchen und Häusern stehen in diesen Tagen viele Krippen. Der Blick auf das kleine Kind am Boden lädt ein, das einfache, ehrliche Wort Gottes an uns zu hören. „Wenn wir ehrlich und echt sind und auf Floskeln verzichten, dann wird Weihnachten“.


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