08.04.2016

Erinnerungsgespräch: „Am Anfang war…“

„Wie war das damals vor 25 Jahren, am Anfang der Suppenküche in Berlin Pankow?“

Im Gespräch: Sr. Monika, Joachim Jauer und Katharina Köhnlein.
Im Gespräch: Sr. Monika, Joachim Jauer und Katharina Köhnlein.

Im Rahmen der Jubiläumsfestwoche der Suppenküche der Franziskaner in Berlin Pankow waren gut 100 Besucher am Abend in den Saal der Suppenküche gekommen, um sich gemeinsam mit dem Journalisten Joachim Jauer, Schwester Monika, und Katharina Köhnlein an die Anfänge vor 25 Jahren zurück zu erinnern.

Also, wie war das damals am Anfang? Wie hat alles begonnen?

Als Franziskanerin aus dem Eichsfeld hatte Schwester Monika den Drang, wie Franziskus, zu den Menschen am Rand der Gesellschaft zu gehen. Es war die Zeit des Umbruchs, kurz nach der Wende, als Schwester Monika im Guten ihre Ordensgemeinschaft verließ, um nach Berlin in die Großstadt zu gehen. Dort traf sie Katharina Köhnlein aus Dresden wieder, die sie von ihrer Ausbildung zur Gemeindereferentin in Magdeburg kannte. Auch Katharina spürte den Wunsch, den Bedürftigen zu helfen. „Wir waren überrascht, wie vielen Menschen es auch im Westen nicht gut ging und wir spürten, es gibt Menschen, die auf unsere Hilfe warten“ erinnert sich Schwester Monika.

Und so fingen Sie an, den Bedürftigen etwas zu essen zu kochen. Im Hof des Franziskanerklosters in Pankow – mit einem handgeschriebenen Hinweisschild am Zaun an der Straße. Das Gebäude vor dem Kloster, das sie benutzen durften, war damals in einem desolaten Zustand. Es war zuletzt noch zu Zeiten der DDR als Horchposten der Stasi genutzt worden. Doch die Beiden hatten keine hohen Ansprüche und es hatte genügt.

Joachim Jauer erinnert sich, dass er schon vor 24 Jahren den ersten Kontakt zur Suppenküche in Ihren Anfängen hatte. Bereits als Junge war er als Ministrant bei den Brüdern im Kloster gewesen und hat den Kontakt sein Leben lang gepflegt. Und so kam er auch mal wieder nach Pankow, als sich dort plötzlich eine improvisierte Suppenküche auftat. „Ihr habt damals die Menschen am Tisch bedient“, erinnert er sich.
„Ja, das stimmt“ antwortet Schwester Monika, „die Menschen sollten wenigstens einmal in ihrem armseligen Leben nicht Schlange stehen müssen, sondern bedient werden.“ Damals waren es noch nicht so viele Besucher und dieser Liebesdienst war noch möglich.

„Anfangs haben die Besucher selbst mit angepackt“ berichtet Katharina auf die Frage, ob sie denn auch Hilfe hatten. Beim Gemüse putzen, Kartoffeln schälen und Hofkehren haben sie gerne geholfen. Allerdings waren sie keine zuverlässigen Helfer, denn viele Besucher waren ja nicht nur einfach arm, sondern hatten auch Suchtprobleme. „Satt machen war oft die kleinere Herausforderung als die Menschen so anzunehmen wie sie sind.“

Den Frauen standen natürlich auch die Franziskaner von Anfang an zur Seite bei ihrem Projekt. Sie haben die Trägerschaft übernommen um der Suppenküche einen Rahmen zu geben.

Die Suppenküche wuchs sehr schnell und die Arbeit gewann rasch an Zustimmung und positivem Rückhalt in der Gesellschaft. Schwester Monika wurde für ihre Arbeit unter anderem mit dem Gustav Heinemann Bürgerpreis für Zivilcourage sowie dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

„Der liebe Gott hat es echt gut mit uns gemeint“ überlegt Schwester Monika. „Je größer die Sache wurde, desto mehr ehrenamtliche Helfer haben sich plötzlich gemeldet, desto mehr Spenden haben wir bekommen.“ Die Spendenbereitschaft war von Anfang an groß. Schulen, Kantinen oder Wochenmärkte gaben ab was übrig war. „Wir haben natürlich nichts Vergammeltes verwertet, aber sowas wie ein Mindesthaltbarkeitsdatum kannten wir damals im Osten noch nicht“ schmunzelt Schwester Monika. „Das Älteste was wir bekommen haben waren Kriegsreserven von 1945!“

„Vor dem Essen wurde natürlich gebetet, da hatte keiner etwas dagegen.“ berichtet Katharina. „Wir wollten aber niemanden bekehren, es war nie unser Ziel jemanden zur Taufe zu bewegen“ wirft Schwester Monika ein. Das Gebet war immer ihre persönliche Kraftquelle. Es war ihnen wichtig sich von Gott getragen zu wissen. Auch hier hatte die Suppenküche mächtigen Beistand, denn die Schwestern vom Karmel hatten versprochen sie mit ins Gebet zu nehmen und damit ihren Anteil zu leisten.

Wie ging es weiter?

Für Schwester Monika war irgendwann der Punkt gekommen weiterzuziehen. Sie hatte die Not von jungen Müttern gespürt, und wusste, es ist ihre Aufgabe zu helfen. Sie hat dann das Kinderhaus Sonnenblume in Berlin eröffnet, in dem sie heute noch wirkt, und seit 1999 Hunderten verzweifelten Frauen und ihren Kindern helfen konnte.

Katharina hatte in der Suppenküche ihre Liebe gefunden: einen Studenten der ehrenamtlich mithalf. Nach ihrer Hochzeit zogen die beiden nach Frankreich und setzten sich dort jahrelang im Rahmen der Organisation „ATD Vierte Welt“ politisch für die Armen ein. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Bayern in einem Caritas Kinderdorf. Sie kümmern sich dort in einer Familiengruppe als Hauseltern um 5 weitere Kinder.

Die Suppenküche in der Wollankstraße wurde von den Franziskanern weitergeführt. In 25 Jahren ist sie größer und professioneller geworden, heute kommen im Schnitt 350 Menschen, in Spitzenzeiten bis zu 500 Menschen am Tag. Ihrem Grundanliegen ist die Suppenküche der Franziskaner in Berlin Pankow aber bis heute treu geblieben: Die Not der Menschen zu sehen und ihnen einen Teller gute Suppe zu geben und einen Platz anzubieten wo sie sein dürfen.

Ach übrigens …

Die Unterstützung durch das Gebet der Karmelitinnen dauert auch heute immer noch an. Acht Schwestern hatten kurzzeitig ihre Klausur verlassen und waren zum Erinnerungsabend gekommen. Danke! Ein sehr schönes Zeichen der Verbundenheit.

 

Musikalisch begleitet wurde das Programm vom „Duo Archivolte“ aus Frankreich. Die Musiker Philippe Arestan (Violine) und Philippe Borecek (Akkordeon) spielen klassische Musik auf höchstem Niveau. Die Mischung aus Violine und Akkordeon ergibt dabei eine sehr reizvolle Klangfarbe. Sehr Empfehlenswert! Noch einmal zu hören am Sonntag, 10. April um 20:00 Uhr bei einem Benefizkonzert zugunsten der Suppenküche in der kath. Kirche St. Ludwig, Ludwigskirchplatz, Berlin
Musikalisch begleitet wurde das Programm vom „Duo Archivolte“ aus Frankreich. Die Musiker Philippe Arestan (Violine) und Philippe Borecek (Akkordeon) spielen klassische Musik auf höchstem Niveau. Die Mischung aus Violine und Akkordeon ergibt dabei eine sehr reizvolle Klangfarbe. Sehr Empfehlenswert!
Noch einmal zu hören am Sonntag, 10. April um 20:00 Uhr bei einem Benefizkonzert zugunsten der Suppenküche in der kath. Kirche St. Ludwig, Ludwigskirchplatz, Berlin

2 Kommentare zu “Erinnerungsgespräch: „Am Anfang war…“

  1. Joachim Jauer, war 1972/73 des öfreren, in der damaligen Galerie Cafe Nulpe, zu Gast, in der ich den Tresen machte. Vor kurzem habe ich eine Doku, über Wolf Biermann gesehen, in der Joachim Kommentare abgab. Ich würde gerne mit ihm in Kontakt treten, wenn er es genehmigt, und sich daran erinnert, an die damalige Zeit. Es wäre nett, wenn sie es vermitteln könnten, oder wohin ich mich wenden kann, um joachim zu erreichen, wäre ich ihnen sehr dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Rolf Thierfelder

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