Wird sich die Christenheit 500 Jahren nach der Reformation wieder vereinen? So fragt man anlässlich des Reformationsjubiläums im Jahr 2017. Für die franziskanischen Orden ist das Jahr 1517 nicht nur das Jahr der Reformation. Für die verschiedenen Ordenszweige am Stammbaum des heiligen Franz von Assisi ist es auch das Jahr der Teilung des Ordens in verschiedene Ordensfamilien. Papst Leo X. verfügte seinerzeit, die „Minderbrüder“ (so der ursprüngliche Name seines Ordens) in zwei eigenständige Orden aufzuteilen: Observanten und Konventualen. Bereits zehn Jahre später sollte mit den Kapuzinern bereits die nächste Ordensreform ins Haus stehen. Das Charisma des hl. Franziskus ist so vital, dass es durch die Jahrhunderte eine Vielzahl an franziskanischen Gemeinschaften hervorbrachte.
500 Jahre nach der Reformation sowie 500 Jahre nach der ersten Spaltung ihres Ordens trafen sich vom 12. bis 14. Juni 70 Franziskaner, Kapuziner und Minoriten im Exerzitienhaus der Franziskaner in Hofheim/Taunus bei Frankfurt. Der sog. „Erste Orden“ des hl. Franziskus blickte auf die Geschichte zurück und stellte sich die Frage: Wann werden wir wieder ein einheitlicher Orden sein? Kurz zuvor hatten die drei Generalminister der Franziskaner, der Minoriten und der Kapuziner sich zur selben Frage geäußert. Die Einheit sei in Reichweite, so hieß es in einer Presseerklärung des Ordens.
1517 – 2017 – dieses Doppeljubiläum ist für die franziskanischen Orden jedoch mehr als nur ein Zufall. Die Geschichte der „Minderbrüder“ und die Geschichte der Reformation kreuzen sich auf vielfältige Art und Weise. In Frankfurt am Main zum Beispiel waren die Minderbrüder (dort wurden sie wie vielerorts „Barfüßer“ genannt) die ersten Prediger für die Reformation. Später wurden sie dann sogar selber protestantisch. Und noch später kam mit den Kapuzinern ein neuer franziskanischer Ordenszweig in die Mainmetropole. Die Kapuziner wurden dann wieder vertrieben, kehrten aber im 17. Jahrhundert in die Stadt zurück, wurden mit der Säkularisation abermals aus Frankfurt ausgewiesen, um Anfang des 20. Jahrhunderts zum dritten Mal nach Frankfurt zu kommen, wo sie bis heute an der beliebten Frankfurter Liebfrauenkirche wirken. In Frankfurt wie in vielen deutschen Großstädten kreuzen sich die historischen Linien von mittelalterlicher Stadtentwicklung, Reformation, Säkularisation und franziskanischer Ordensgeschichte.
Ob Papst Franziskus die Wiedervereinigung der drei franziskanischen Orden beflügeln werde? Die drei Provinzialminister von Deutschland, Cornelius Bohl OFM (Franziskaner), Bernhardin M. Seither (OFMConv (Minoriten) sowie Marinus Parzinger OFMCap (Kapuziner) können sich das zumindest vorstellen.
Der „Geist von Hofheim“ hat zumindest dazu geführt, dass sich die deutschen Minderbrüder sehr konkrete Schritte für die kommenden Jahre vorgenommen haben, um stärker zusammen zu arbeiten und zusammenzuwachsen. Ob solche Bemühungen an der Basis dann weltweit irgendwann tatsächlich zu einem einheitlichen franziskanischen Orden führen werden und ob sich die vereinigten Brüder dann „Minderbrüder“ nennen oder „Franziskaner“ bleiben, ist abzuwarten.