
Am 27. Oktober 1986 hat Papst Johannes Paul II. (1978–2005) zum ersten Mal Vertreter verschiedener Religionen nach Assisi eingeladen, um gemeinsam für den Frieden in der Welt zu beten. Anlässlich des Jahrs des Friedens, das die Vereinten Nationen für 1986 ausgerufen hatten, legten die rund 100 Vertreter der großen Religionen ein feierliches Bekenntnis zum Frieden ab und verurteilten jegliche Gewalt im Namen der Religion. Die Stadt des hl. Franziskus wurde so zum Symbol für den interreligiösen Dialog.
Die Gemeinschaft San` Egidio griff die Idee interreligiöser Friedenstreffen auf und lud seitdem jährlich die Vertreter der verschiedenen Religionen in unterschiedliche Städte ein. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums erfolgte die Einladung vom 18. bis 20. September 2016 wieder nach Assisi. Rund 470 Repräsentanten aus neun unterschiedlichen Glaubensrichtungen fanden sich in der umbrischen Kleinstadt zu diesem Friedenstreffen ein. Teilgenommen haben u.a. der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I., Anglikaner-Primas Justin Welby aus Canterbury, Tel Avivs Oberrabbiner Israel Meir Lau und der Emir von Kano in Nigeria, Sanusi Lamido Sanusi.
Papst Franziskus reiste zu einem abschließenden Friedensgebet und einer Kundgebung am 20. September an. In der Schlussbotschaft wurde betont: „Der Friede ist der Name Gottes“. Jede Rechtfertigung von Gewalt im Namen von Religion richtet sich gegen sich selbst. Das letzte Wort in Assisi hatte diesmal nicht der Papst, sondern der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn: Er lud zum nächsten Friedenstreffen im September 2017 nach Münster und Osnabrück ein.
Das zweite Friedensgebet hatte aus Anlass der Terroranschläge vom 11. September 2001 am 24. Januar 2002 stattgefunden. Im Gedenken an den 25. Jahrestag lud Papst Benedikt XVI. (2005–2013) zu einem dritten Treffen im Oktober 2011 ein.
Die Bezeichnung als „Tag der Reflexion, des Dialogs und des Gebetes für den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt“ sollte den Eindruck vermeiden, es handele sich um ein gemeinsames Gebet der Religionen. Die Vertreter der einzelnen Religionen beteten jeweils in getrennten Räumen für sich. Erstmals war auch eine Gruppe Nichtglaubende anwesend. Seit Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ ein Gebet für alle Religionen veröffentlicht hat, stellt sich die Frage, ob nicht doch ein gemeinsames Gebet möglich ist.
Die Beiträge dieses Heftes lassen den Geist von Assisi lebendig werden und laden zu interreligiösen Begegnungen und Friedensgebeten ein. Angesichts der Fülle des zur Verfügung stehenden Materials wird die erste Ausgabe von TAUWETTER im kommenden Jahr das Thema weiter vertiefen, insbesondere den Dialog mit dem Islam.
Inhalt
- Assisi – Hauptstadt der Weltreligionen
Dreißig Jahre interreligiöse Friedenstreffen
Niklaus Kuster ofmcap - Religion zwischen Terror und Umarmung
Viertes Friedensgebet der Weltreligionen in Assisi
Niklaus Kuster ofmcap - Erklärung von Assisi 2016
Die Kölner Friedensverpflichtung
Jürgen Neitzert ofm - Das interreligiöse Gebet – eine Möglichkeit nach Laudato Si?
Magdalena Gruber osf - Die Verantwortung der Religionen für das Zusammenleben
Zum Friedenstreffen von Assisi
Pietro Paolin, Kardinalstaatssekretär - Buchbesprechung
Islam ist Barmherzigkeit
Stefan Federbusch ofm - Buchbesprechung
Ungläubiges Staunen: Über das Christentum
Christophorus Goedereis ofm cap - Literaturtipps „Franziskanischer Religionsdialog und Islam“
Dr. Thomas M. Schimmel
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Redaktion Tauwetter
Dinko Aracic, Peter Amendt ofm, Stefan Federbusch ofm.
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