12.02.2020 Birgit Floeth / Franziskanergymnasium Kreuzburg

Hat ein Bischof auch ein Privatleben?

Besuch des Fuldaer Bischofs Dr. Michael Gerber an der Kreuzburg

Bischof Dr. Michael Gerber (m), mit dem Schulsseelsorger Bruder Michael Blasek (l.) und dem Schulleiter Thomas Wolf und Provinzialsvikar Bruder Markus Fuhrmann (r). Bild von Franziskanergymnasium Kreuzburg.

Hat ein Bischof Freizeit, und was unternimmt er um abzuschalten? Wie entscheidet man sich, Bischof zu werden? Ist das Leben in Ehelosigkeit für den Fuldaer Bischof schon immer eine erstrebenswerte Lebensweise gewesen? Diesen ganz persönlichen, aber auch weiteren Fragen stellte sich der Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber bei einem Besuch der Kreuzburg. Noch kein Jahr in Fulda im Amt, war dies sein erster Besuch in Großkrotzenburg, und so zeigte er sich sehr interessiert, das Franziskanerkloster, das Franziskanische Bildungswerk (FBW) und das Franziskanergymnasium kennen zu lernen. Er machte deutlich, wie wichtig ihm die katholische Schule, die auf der Grundlage franziskanischer Spiritualität ausgerichtet ist, als pastoraler Ort in Kooperation und als Bereicherung für die Pfarrgemeinden und Seelsorgeeinheiten ist.

Am Morgen hatte die Klasse 5e ihren Musikunterricht in das Treppenhaus des Franziskanerkonvents verlegt. Dort warteten die Schülerinnen und Schüler gespannt auf die Ankunft des Bischofs. Mit dem gesungenen Gebet „All praise to Thee“ von Thomas Tallis und dem Kanon „Singen macht Spaß“ begrüßten sie den Bischof. Br. Markus Fuhrmann ofm war als Vertreter des Franziskanerordens und Stiftungsrat der Franziskus-Stiftung Kreuzburg aus München ebenfalls zum gegenseitigen Kennenlernen angereist. Bevor es zu einem Besichtigungsrundgang ging, informierten der Geschäftsführer und Leiter des FBW sowie die Schulleitung über die Besonderheiten des Franziskanergymnasiums am Rand des Rhein-Main-Gebietes, dessen Schülerinnen und Schüler aus drei Bistümern und zwei Bundesländern stammen. Sie stellten die Kernelemente des Schulprogrammes, wie zum Beispiel den Freien Lernbereich, vor und die Arbeit des Bildungswerkes mit Familienseminaren und vielen Angeboten über die Schulseelsorge hinaus. Aber auch die franziskanische Spiritualität, der sich die Schule verbunden fühlt, wurde betont.

Die Besichtigung der Kreuzburg startete in der Kapelle, die nicht nur für den Konvent eine große Bedeutung hat, sondern vor allem auch ein Ort der Verbindung zwischen Konvent, Schule und Gemeinde darstellt. Die anschließend besuchte Aula inmitten der Klassenräume war klar als Zentrum des schulischen Lebens zu erkennen, aber gleichzeitig als spiritueller Ort wahrnehmbar, an dem auch Gottesdienste gefeiert werden. Weiter ging es zur Bibliothek, deren offener Raum die Gelegenheit zur Sammlung und Konzentration bietet.

Eine besondere Gelegenheit bot sich Bischof Gerber durch den Besuch zweier Religionsunterrichtsstunden. Während der Kurs kath. Religion der Klasse 8c den Besuch des Bischofs eher für persönliche Fragen über die Person des Bischofs nutzte, interessierten sich der Orientierungs- und der Leistungskurs kath. Religion aus der Oberstufe auch für theologische Fragen. So wollten die Kursteilnehmerinnen und Teilnehmer von ihm wissen, welche Erwartungen er für den gerade begonnenen Synodalen Weg hat, wie seine Vision der Kirche im Jahr 2030 aussieht und ob sich die Kirche mit ihren Möglichkeiten und Unterstützungsgruppen nicht stärker in gesellschaftliche Debatten einbringen und eindeutig Position beziehen sollte. Den Schülerinnen und Schülern ging es aber auch um grundlegende theologische Problemstellungen wie zum Beispiel der Theodizee-Frage, die beinhaltet, warum Gott das Leid auf der Welt zulässt.

Sowohl den persönlichen als auch den theologischen Fragen stellte sich der Bischof und beantwortete sie ausführlich. Er erweiterte die Fragestellungen, indem er die Hintergründe und Möglichkeiten mit zahlreichen Beispielen plausibel und nachvollziehbar darstellte. Die Schülerschaft lauschte gespannt den Ausführungen in denen der Bischof sehr authentisch wirkte. Allerdings wollte aber auch der Bischof einiges von der Schülerschaft wissen und stellte seinerseits Fragen. Es interessierte ihn, welche Rolle für sie der Besuch einer katholischen Schule spielt und welche Bedeutung der Religionsunterricht für sie hat. Von den Oberstufenschülerinnen und –schülern wollte er vor allem hören, warum sie sich für den Orientierungs- bzw. Leistungskurs Religion entschieden hatten, welche Erwartungen sie haben und ob diese im Unterricht erfüllt werden. Bei seinem Besuch zeigte sich der Bischof ausnahmslos offen, er war bestrebt, auf Menschen zuzugehen und mehr über sie zu erfahren. Zu einer Gruppe von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des „Abi-Asyls“, die er beim Mittagessen im Konvent traf, suchte er direkt Kontakt und wollte mehr über dieses Angebot wissen, bei dem Schülerinnen und Schüler während der stressigen Zeit der Abiturvorbereitung im Kloster mitleben und Ruhe finden können.

In der Abschlussrunde der Oberstufenkurse mit Bischof Dr. Michael Gerber und den Vertretern der Kreuzburg äußerten sich alle Schülerinnen und Schüler sehr angetan und inspiriert über diese seltene Möglichkeit, in den Austausch mit einem Repräsentanten und Entscheidungsträger einer sich in zahlreichen Anfragen und Spannungen befindlichen Institution „Kirche“ zu kommen.

Nach diesem erfolgreichen Auftakt des Kennenlernens sagte der Fuldaer Bischof zu, bei seinem nächsten Besuch einen Gottesdienst mitzufeiern.

Der Bischof stellte sich interessiert den Fragen der Schüler. Bild von Franziskanergymnasium Kreuzburg.

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