18.12.2020 Provinzialminister Cornelius Bohl

Himmel

Die Zeitschrift der Franziskaner - Winter 2020

Titel der Zeitschrift Franziskaner, Winter 2020
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„Der Himmel ist leer, Genossen!“ Das soll der russische Kosmonaut Juri Gagarin gesagt haben, nachdem er – als erster Mensch im All – wieder hier unten ankam. Da oben habe er Gott nicht gesehen. Falls ihm die kommunistische Propaganda dieses Wort untergeschoben hat, lag sie theologisch völlig richtig: Gott ist nicht ein paar Hundert Kilometer außerhalb unseres Planeten zu finden. Das wusste schon Franz von Assisi. In seiner Vaterunser-Meditation fragt er, was das heißt: „Du bist im Himmel.“ Seine Antwort: „Du bist in den Engeln und Heiligen.“ Gott wohnt in uns. Ich selbst kann Gottes Himmel sein.

Brauchen wir überhaupt einen Himmel? Auf die Frage „Wozu bin ich auf Erden?“ haben früher viele Christen geantwortet: um in den Himmel zu kommen. Heute vielleicht eher: um diese Welt ein bisschen besser zu machen. In seinem „Wintermärchen“ hat Heinrich Heine nur Verachtung für das „Entsagungslied, das Eiapopeia vom Himmel“, mit dem man das Volk einlulle. Stattdessen möchte er „hier auf Erden schon das Himmelreich errichten“ und glücklich sein. Den Himmel könne man getrost den Engeln und den Spatzen überlassen. „Was steht ihr da und schaut zum Himmel?“, fragen auch die Engel die versteinerten Jünger nach der Himmelfahrt Jesu. Als diese dann ihren Blick vom Himmel weg wieder auf die Erde richten und in die Stadt zurückkehren, beginnt die Geschichte der Kirche. Christen schauen nicht nur zum Himmel. In der Kraft des Geistes Jesu bezeugen sie das Evangelium hier auf der Erde.

Brauchen wir also den Himmel? Ja, unbedingt! Denn die Erde ist nur zu oft die Hölle. Auschwitz, Stalingrad, Hiroshima, Srebrenica …

Das ist die alte Sehnsucht: Himmel und Erde mögen sich begegnen. Als die Menschen es in Babel selbst versuchen mit einem Turm, dessen Spitze bis zum Himmel reicht, scheitern sie kläglich. Und Jakobs Himmelsleiter stand nur im Traum. Erst an Weihnachten geschieht dann das Unglaubliche: Gott wird Mensch. Da berühren sich wirklich Himmel und Erde. Mächtige Bilder in diesen letzten Tagen des Jahres. „O Heiland, reiß die Himmel auf!“ Über Betlehem öffnet sich tatsächlich der Himmel. Damit wird die Erde nicht zum Paradies. Zu Weihnachten gehört auch der grausame Tod des ersten Märtyrers Stephanus. Aber er stirbt unter einem offenen Himmel. So sind wir Menschen: ausgespannt zwischen Erde und Himmel.

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