700-612-400-196-40-2-1 – nein, das ist weder die Telefon- noch die IBAN-Nummer des Engelbergs, aber eine wichtige Zahlenreihe für die Historie des Wallfahrtsortes hoch über dem Maintal. Seit rund 700 Jahren pilgern Menschen hierher. Seit 1406 ziert das Gnadenbild der Gottesmutter den Altar der Marienkapelle. 612 Stufen, die sogenannten Engelsstaffeln, haben sie zu erklimmen, um von Großheubach über die im Jahre 1637 erbaute und von Heiligenstatuen und Kapellen flankierte Sandsteintreppe hoch zum Kloster Engelberg zu gelangen. Fast 400 Jahre haben Brüder in den Gemeinschaften des Hl. Franziskus die Wallfahrt betreut, zunächst die Kapuziner, seit 196 Jahren die Franziskaner. Rund 40 Wallfahrten sind pro Jahr zu verzeichnen, manche aus der Nähe, andere gar von Köln aus als Durchgangsstation nach Walldürn. 2 Brüder hielten am Ende die Stellung und was bleibt ist 1 Schenke, so rechnete Ortsbürgermeister Gernot Winter vor.
Es ergäbe sich eine Akzentverschiebung. Bislang standen die Franziskaner sowohl für Seelsorge wie für leibliches Wohl. Nun bleibt allein die Franziskaner Klosterbetriebe GmbH mit dem Betrieb der Klosterschänke vor Ort. Erfreut war der Bürgermeister darüber, dass sich durch die Predigt von Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran die Akzentverschiebung noch einmal verschoben hat. Er konnte die Frohe Botschaft verkünden, dass es eine neue Ordensgemeinschaft für Seelsorge und Wallfahrt gibt. Ab 1. November werden die Oblaten des Heiligen Josef in das Kloster einziehen. Der Würzburger Bischof Franz Jung hat den aus Indien stammenden Oblaten Nelson Antoney (45) zum Wallfahrtsdirektor von Kloster Engelberg ernannt, Anfang 2025 wird ihm ein weiterer Ordensgeistlicher folgen.
Damit war zu rechnen, dass die Zeit der Franziskaner auf dem Engelberg ein Ende findet – damit hatte Gernot Winter sein Grußwort begonnen. Dass es gelingt, eine neue Ordensgemeinschaft zu finden, damit war nicht zu rechnen – so sein Fazit. Dass sich die Großheubacher den Franziskanern und dem Engelberg auch weiterhin verbunden fühlen, damit können Sie rechnen – dies seine Zusage. Diesen Wunsch sprach auch Generalvikar Vorndran in seiner Predigt aus, dass die Menschen der Umgebung sich nicht zurücklehnen, weil ja für eine Nachfolge der Franziskaner gesorgt sei, sondern sie sich weiter für den Bestand des Engelbergs einsetzen. Gemäß dem Evangelium von der Brotvermehrung, dass deutlich mache, dass Jesus auf unsere menschlichen Fähigkeiten setze. Er wolle mit uns zusammenwirken. Selbst wenn wir wenig zu bieten haben, aber das wenige zählt. In Richtung der Brüder sagte Generalvikar Vorndran: „Die Franziskaner haben die Wallfahrtsseelsorge am Engelberg geprägt und wichtige Impulse mit ihrem Dienst gesetzt. Der Ordensgemeinschaft sage ich für ihren langjährigen treuen Dienst und für ihr Gebet am Engelberg ein herzliches Vergelt’s Gott“. Als Konzelebranten standen neben Provinzialminister Markus Fuhrmann Dekan Michael Prokschi und Stadtpfarrer Christian Stadtmüller mit am Altar.
Nicht wenige, sondern viele waren es, die bei strahlendem Sonnenschein auf den von den südlichen Ausläufern des Spessarts und dem Odenwald umrahmten Engelberg mit Blick ins Maintal kamen, um beim Abschiedsgottesdienst dabei zu sein und ihre Verbundenheit auszudrücken. So viele, dass ein größerer Teil keinen Platz mehr in der Kirche fand, dafür aber auf dem Kirchenvorplatz. Bei der anschließenden Begegnung wurde noch einmal die Trauer über den Weggang der Brüder deutlich, aber auch die Dankbarkeit über viele gemeinsame Jahre. Pater Richard Hessdörfer war 7 Jahre auf dem Engelberg. Er wird noch bis Ende Oktober die Stellung halten und dann nach Fulda umziehen. Bruder Othmar Brüggemann zieht bereits am 1. August auf den Kreuzberg, um die dortige Präsenz der Franziskaner zu verstärken und zu sichern.
In einer Seitenkapelle befindet sich seit 1726 die Gruft der Fürstenfamilie zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Für den Fürsten ist das Kloster wie ein Leuchtturm, in dem das Geschenk des Glaubens bewahrt werde. Sichtlich bewegt berichtete der bereits betagte Alois Konstantin Fürst zu Löwenstein, wie er mit seiner Großmutter an diesen Ort gekommen sei und sie ihm erklärte, was es mit den verstorbenen Angehörigen und dem Tod auf sich habe – dem Himmel so nah. Sein Bedauern über den Abschied der Franziskaner drückte auch der 1. Brudermeister Günther Vogt der Fünf-Wunden-Bruderschaft aus, die am Portiunkulafest 1640 in der früheren Spitalkirche St. Peter in Miltenberg von den Franziskanern gegründet wurde und bis heute besteht.
700-612-400-196-40-2-1. Damit ist zu rechnen. Die Zahlenreihe wird fortgesetzt. Sie geht in umgekehrter Reihenfolge: 1 neuer Ordensseelsorger kommt, dann ein 2 und 3. Die 40 Wallfahrten bleiben hoffentlich bestehen. Wie lange die Oblaten vom Heiligen Josef den Engelberg betreuen …, das sei dem Wirken des Geistes Gottes überlassen. Wir Franziskanern sagen Adieu an alle Wallfahrer, Förderer und Freunde und wünschen unseren Nachfolgern Gottes reichen Segen!
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