André Madaus

„Ich atme franziskanisch“

Interview mit Bernward Siemes, dem Referent für Jugendpastorale Angebote bei der Jugendkirche Bonn, „Campanile“

Herr Siemes, welche Rolle spielt in Ihrem Leben Franziskus?

Bernward Siemes
Bernward Siemes

Ich nenne es einfach mal so: Ich ‚atme‘ franziskanisch. Von meinem Büro aus schaue ich auf unsere Kirche St. Franziskus, an den Wänden sind Bilder aus Assisi, und immer wenn es mir mal ‚etwas eng‘ wird, hole ich tief Luft und spüre die ‚franziskanische Weite‘ – alles das, was ich mit Umbrien verbinde. Eine unendliche Freiheit. Vor ein paar Jahren hatte ich eine schwere Krankheit, danach war ich wieder in Umbrien. Es gibt ein Bild, da stehe ich mit ausgebreiteten Armen auf dem Monte Subasio und schaue in das Valle Umbria. Unter mir lagen die Wolken, die plötzlich aufrissen. Das war wie ein Geschenk. Ich sage oft: Wenn du dich mal wie Gott fühlen willst, dann stell dich auf diese Berg und schau hinunter. Das ist für mich der Atem, das ist dieser Geist. Ich habe Sport und Theologie studiert, und als Sportler weiß ich, dass ich über den Atem Kraft sammle, neue Energie. Und das verbinde ich mit Franziskus.

Seit wann begleitet Franziskus Sie schon durch das Leben?

Ich erinnere mich, ich kannte schon als Kind den Sonnengesang. Die Figur hat mich als junger Mensch immer wieder fasziniert. Wie kann man einen Wolf bezähmen oder mit den Vögeln reden? Aber bis ich das erste Mal nach Assisi kam, hat es sehr lange gedauert. Während des Theologiestudiums sucht man sich Vorbilder, Propheten zum Beispiel. Über Franziskus habe ich mal gelesen, er war der erste ‚grüne‘ Heilige. Ich bin selbst ein Naturmensch und habe das immer mit Franziskus verbunden. Ein entscheidender Schritt kam 2005. Ich arbeitete damals für das Bistum, als der Auftrag kam, eine Jugendkirche aufzubauen. Und dann kam der Hammer: Diese Jugendkirche sollte tatsächlich in St. Franziskus eingerichtet werden. Da stand ich in Gedanken in Assisi und dachte: ‚Baue meine Kirche wieder auf‘ Bevor es losging, stand ich hier in der Kirche und habe mich gefragt, ob ich das überhaupt alles schaffe. Und das ist eine Konsequenz von Franziskus, zu sagen: Mensch Junge, hör‘ auf zu zweifeln, du packst das! Dazu passt Franziskus‘ Spruch: Tu‘ erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche.

Haben Sie mal darüber nachgedacht, in einen franziskanischen Orden einzutreten?

Es war eine Berufung, Theologie zu studieren. Ja, vielleicht gab es mal den Gedanken. Aber ich habe mich relativ früh für eine Familie entschieden. Und hier in meinem Job bin ich weniger Referent, sondern eher seelsorgerisch tätig. Ich glaube, das ist mein Platz. Familie, die Arbeit in der Jugendkirche, das ist so genau richtig.

Welche Rolle spielt Franziskus in der Jugendkirche, und welches Feedback bekommen Sie von den Jugendlichen?

Die Kirche hier wird von allen liebevoll ‚Franzl‘ genannt. Die Jugendlichen erleben hier das Einladende, das Berühbar-Sein. Wir planen zum Beispiel gerade mit dem Firmkurs ein Kochen für Bedürftige. Es geht darum, für andere da zu sein. Gastfreundschaft ist hier das oberste Ziel. Das ist das Franziskanische, das sollen die Jugendlichen, die herkommen, erleben: Hier kann ich sein, hier bin ich willkommen. Es geht um Offenheit. Dadurch, dass wir das hier vorleben, verbinden selbst die Kinder das irgendwie mit Franziskus. Auch die Räume hier tragen franziskanische Namen wie La Verna oder Gubbio, mit einer Erläuterung, was an diesen Orten passiert ist. Für viele ist das „Franzl“ eine Art Freund, ein Kumpel, ohne dass sie es unbedingt immer mit dem Heiligen Franziskus verbinden. Der Kirchenraum selber ist ein Communio-Raum. Davon gibt es in Deutschland soweit ich weiß nur drei oder vier Stück. Die Stühle sind in einem Rund, einer Ellipse, angeordnet. In der Mitte steht der Altar – also der Tisch des Brotes – und das Ambo, der Tisch des Wortes. Das hat die Gemeinde hier nach dem 2. Vaticanum ganz bewusst so umbauen lassen. Bei den jungen Leuten kommt das gut an. Auch die Kommunion wird im Kreis ausgeteilt. Und so ähnlich stellt man sich ja auch eine Brüdergemeinschaft vor.

Erstveröffentlichung in der Zeitschrift Franziskaner im Sommer 2014

„Campanile“

Jugendkirche Bonn, Jugendpastorales Zentrum: www.campanile-bonn.de


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert