Bruder Cornelius Bohl

Ich glaube an Gott

Gedanken zum Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott.
Fische sind symbolische Darstellungen der frühen Christen.  (Frühchristliches Graphity am Eingang zur Priszilla Katakombe in Rom.)

„Gott“ ist das beladenste aller Menschenworte. Keines ist so besudelt, so zerfetzt. Die Geschlechter der Menschen haben die Last ihres geängstigten Lebens auf dieses Wort gewälzt, es liegt im Staub. Religionsparteiungen haben das Wort zerrissen; es trägt ihrer aller Fingerspur und ihrer aller Blut. Sie zeichnen Fratzen und schreiben „Gott“ darunter; sie morden einander und sagen›in Gottes Namen“. Wir müssen die achten, die es verpönen, weil sie sich gegen das Unrecht derer auflehnen, die sich so gern auf die Ermächtigung durch Gott berufen“.

Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber hat das gesagt. Tatsächlich spricht viel gegen Gott, nicht nur das unermessliche Leid und die Grausamkeiten der Geschichte. Ist »Gott« vielleicht nur Projektion menschlicher Wünsche (Ludwig Feuerbach), gesellschaftliche Konstruktion zur Rechtfertigung einer schlechten Welt und Vertröstung des Volkes (Karl Marx) oder Ausdruck eines tiefen Ressentiments gegen das Leben, Waffe der Schwachen gegen die Starken (Friedrich Nietzsche)? Ist die Gottesvorstellung einfach als neurobiologische Reaktion erklärbar? Wer braucht eigentlich Gott? Viele leben ganz gut ohne ihn.

Glaube darf nicht unvernünftig und irrational sein. Aber wie Glaube geht, erfährt nur der, der sich existenziell auf Gott einlässt, weil er zuvor von ihm angesprochen wurde. Das ist kein Zirkelschluss, sondern hat mit der Wirklichkeit von Offenbarung zu tun. Glaube ist kein objektives Wissen um ein Etwas. Er vollzieht sich als personale Beziehung zu einem Du, das von sich aus auf mich zukommt. „Ich glaube an Gott“ heißt: Ich vertraue dir. Ich rechne mit dir. Ich verlasse mich und meine eigene Welt auf dich hin. Glaube zeigt sich weniger im Reden über Gott als im Sprechen mit ihm.

Wer glaubt, sagt „ich“: „Ich glaube.“ Den personalen Akt vertrauensvoller Hingabe kann ich nicht delegieren. So wie mir auch niemand von außen die tiefe Freude und Dankbarkeit, die aus der Beziehung zu Gott kommen, einreden kann. Das erfahre ich selbst oder gar nicht. Eine solche lebendige Beziehung ist mehr als eine theoretische Weltanschauung, die mit der Chiffre eines „höheren Wesens“ Wirklichkeit sinnvoll erklären möchte. Glaube ist vor allem ein way of life, der gelassen auf seine Praxistauglichkeit überprüft werden darf, ohne damit instrumentalisiert zu werden. Glaube ist Moral, Politik und Mystik zugleich.

Gott aber bleibt immer Geheimnis. Die Bibel kennt verschiedenste Bilder für ihn, nennt ihn König, Mutter, Hirte oder Arzt, weil keine dieser Vorstellungen ihn ganz erfasst. Glaube schenkt Vertrauen, beantwortet aber nicht alle Fragen. Der Zweifel nährt den Glauben. Und der Glaube bleibt ein spannendes Wagnis. Nicht nur Reden und Beten gehören zum Glauben, sondern auch das Schweigen.

„Ey Gott, sei doch ehrlich: Glaubst du noch an mich?“ Eine Jugendliche hat das in ein Fürbittbuch geschrieben. Vielleicht bedeutet der Glaube an Gott genau das: Trotz allem darauf vertrauen, dass er immer noch an mich und diese Welt glaubt.

Erstveröffentlichung Zeitschrift „Franziskaner“ Frühjahr 2013


Ein Kommentar zu “Ich glaube an Gott

  1. Hallo liebe Gemeinde!

    Jesus sagte: „Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen.“ Doch wie hat er das gemeint? Gegenwärtig verkaufen wir unser Leben und müssen uns das Leben anderer ebenfalls erkaufen. So müssen wir die Brötchen ebenso bezahlen wie auch die Wurst und alles andere. Unser Leben gestaltet sich also nur aus Kompromissen und Zugeständnissen. Der Leiharbeiter, der bei Porsche arbeitet, schraubt an einem Auto welches er niemals in seinem Leben fahren wird. Die zweite Klasse der Gesellschaft erwirtschaftet das Paradies für die erste Klasse und kann selbst nicht daran teilhaben. Stellen wir uns vor: Wenn wir alles, was wir gegenwärtig an Produkten, Services und Dienstleistungen schaffen können, bedingungslos weiterreichen würden, ohne etwas dafür zu verlangen, dann würden wir uns einen Ring der unendlichen Glückseeligkeit schaffen. Alles schlechte wäre damit verschwunden. Es gäbe kein Arm und Reich, keinen Vor- und Nachteil und keinen Neid und keine Mißgunst. Erst eine klassenlose Gesellschaft ohne Geld, in der jeder von Herzen leistet wozu er körperlich und geistig im Stande ist, wäre der einzige Weg in’s Paradies, und daran sollten wir glauben! Jesus sagte: „Auch ich bin gekommen um zu dienen, und nicht um mir dienen zu lassen.“ Viele liebe Grüße und Gottes Segen.

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