Von Bruder Helmut Schlegel ofm und Ricarda Moufang (Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität, Frankfurt)

Das Wunder, dass eine innere Stimme zu mir spricht

Schöpfung: Wer staunt, fängt an zu glauben …

Wir laden Sie zu vier Schritten ein: staunen – hören – glauben – tun.

Versuche zu hören, was deine innere Stimme dir sagt. Bild von bagal / pixelio.de
Versuche zu hören, was deine innere Stimme dir sagt. Bild von bagal / pixelio.de

staunen

Die innere Stimme ist etwas Besonderes, eine menschliche Spezialität. Sie hat sowohl mit Denken als auch mit Fühlen zu tun. Viele Menschen verstehen darunter die Intuition, jene ganz besondere Art von Eingebung, Ahnung oder Erkenntnis. Häufig wird sie auch mit dem Gewissen gleichgesetzt.

In der Bibel lesen wir von der Stimme des Geistes, von der Stimme Gottes, aber auch von den »Einflüsterungen des Bösen«. Es ist gar nicht immer so leicht, die inneren Stimmen zu unterscheiden. Doch als Christin habe ich einen sehr klaren Maßstab für diese Unterscheidung: »An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen« (Mt 7, 20). Was kommt dabei heraus, wenn ich meiner inneren Stimme folge? Für mich, für andere?

Ich selbst erlebe meine innere Stimme als eine Mischung aus Gewissen, Vorahnung und Entscheidungshelferin. Für mich ist sie ganz oft ein wichtiger Wegweiser – manchmal auch ein Stoppschild. Ich finde, das Leben mit meiner inneren Stimme ist ein Lernweg. Im Laufe der Zeit wird sie – und hoffentlich auch ich – immer ein bisschen weiser.

Die Bibel weiß in und auf dem Grund meiner inneren Stimme die Stimme dessen, der mir Dasein und Leben gibt: Gott. So werde ich durch meine innere Stimme immer sensibler und durchlässiger für seine Stimme.

hören

Da rief der Herr den Samuel wieder, zum dritten Mal. Er stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte. Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen! Wenn er dich (wieder) ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört. (1 Sam 8f.)

glauben

Du sagst:
Höre auf dein Inneres,
auf die Stimme deines Herzens.

Ich antworte:
Mein Inneres ist ein Chaos.
Ich höre Stimmen der Angst und der Wut,
des Zweifels und des Unglaubens.

Du sagst:
Höre durch alle diese Stimmen hindurch.
Höre ihre Not und ihre Sehnsucht
und ihren Schrei nach Erlösung.

Ich sage:
Unter den Stimmen wird es still.
Ich finde mich in einem leeren Abgrund.
Keine Stimme ist zu hören.

Du sagst:
Durchdringe auch die Leere,
den Abgrund und das Nichts.
Ganz unten auf dem Grund
sprudelt die Quelle.

tun

Nimm deine Umgebung wahr, die Natur, die Arbeitswelt, die Menschen, die gerade in deiner Nähe sind. Vernimmst du eine Botschaft? Eine Frage? Eine Kraft? Versuche zu hören, was deine innere Stimme dir damit sagt.

Lerne die inneren Stimmen zu unterscheiden. Wo kommen sie her? Aus der Ruhe und Lebensbejahung? Wo führen sie hin? In die Verantwortung und in das Vertrauen? Folge den Stimmen, die in dir Frieden hinterlassen.

Stelle dir vor, wie die Stimme Jesu bei seinen Worten geklungen haben mag. Wie mögen seine Gesten ausgesehen haben? Was sagt dir diese Stimme?

 

Erstveröffentlichung Zeitschrift „Franziskaner“ Herbst 2014