01.01.2021 Bruder Markus Fuhrmann

„Wenn das Jahr 2020 ein Mensch wäre, dann mein Ex“

<> Der Kommentar der Woche.

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren die Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Markus Fuhrmann

Vor wenigen Tagen stieß ich auf eine Aussage, die eine Frau über Twitter verbreitet hat: „Wenn das Jahr 2020 ein Mensch wäre, dann mein Ex.“ – Dieser Satz blieb bei mir hängen. Ich fand ihn ebenso verblüffend wie prägnant.

„Wenn das Jahr 2020 ein Mensch wäre, dann mein Ex.“ – Wie denken Menschen über ihre ehemaligen Lebenspartnerinnen und Lebenspartner? Fragt man sie kurze Zeit nach der Trennung, so bekommt man wohl zunächst viel Negatives zu hören: Wie furchtbar er oder sie gewesen und dass das Zusammenleben einfach unerträglich geworden sei; dass man sich womöglich auch hintergangen, ausgenutzt oder betrogen fühle usw.

Vielleicht verhält es sich ähnlich, wenn ich Sie jetzt spontan um Ihren persönlichen Jahresrückblick 2020 bitten würde. Da käme vermutlich erst mal viel Negatives: Furchtbar! So viele Einschränkungen! So vieles, das ausgefallen ist! So viel Abstand zu Menschen, die mir am Herzen liegen! Der große wirtschaftliche Schaden! So viele Schwerkranke und Tote bei uns und weltweit!

Mit etwas zeitlichem Abstand wächst dann oft die Fähigkeit, Dinge, Situationen oder Menschen differenzierter wahrzunehmen. Nach und nach gelingt es womöglich, einen anderen Blickwinkel einzunehmen – und so auch zu anderen Bewertungen zu kommen. Auf einmal hat der oder die „Ex“ doch wieder ein paar gute Seiten. Und auch das Jahr 2020 hat dann womöglich mehr Positives gebracht als bloß vertiefte Medienkompetenz bei Videokonferenzen.

Hier einige meiner persönlichen Erfahrungen und Einsichten aus dem Jahr 2020

  • Für so vieles in meinem Leben kann ich wirklich dankbar sein. Diese Erkenntnis möchte ich nicht aus dem Blick verlieren.
  • Zu Menschen, die mir am Herzen liegen, schläft der Kontakt nicht ein. Auch, wenn ich sie womöglich nicht so oft besuchen kann.
  • Das ökonomische Ideal Grenzenloses Wachstum und das Lebensmotto „Alles ist möglich“ sind gescheitert. Deshalb: Was brauche ich wirklich zu einem guten Leben? Geht es nicht auch einfacher (nachhaltiger und solidarischer) als bislang gedacht und erwartet? – Ich glaube: Ja!

Ihnen fallen bestimmt auch einige Punkte ein, oder?


Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
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