07.05.2021 Bruder Thomas Abrell

Meinungsfreiheit

<> Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren die Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Thomas Abrell

„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“, wenn ich diesen Satz höre, dann werde ich hellhörig. Meistens folgt dann eine Aussage, die gar nicht geht bzw. hart an der Grenze des Sagbaren ist, denn sie verletzt Menschen in ihrer Würde oder verbreitet bewusst Halb- oder Unwahrheiten. Da helfen weder Totschweigen noch die Keule des political correctness. Auch wenn es mühsam ist, es hilft nur, sich argumentativ mit dem Unsagbaren auseinanderzusetzen und in die Diskussion zu gehen.

Zurzeit sind wir in der Woche der Meinungsfreiheit. Die Freiheit die eigene Meinung kundtun zu dürfen, ist ein hohes Gut, weil damit die Gefahr einer einseitigen Meinungsbildung verringert wird. Allerdings gilt auch für Meinungsäußerungen der Grundsatz, die Würde des Menschen ist unantastbar, da reicht nicht die Bemerkung, das sei Satire. Die neuen Möglichkeiten der Meinungsäußerung lassen vielfach zu, sich anonym zu äußern. Für manchen Zeitgenossen mag das wie ein Freibrief sein, Dinge loszuwerden, die letztlich nicht durch den Begriff der Meinungsfreiheit gedeckt sind, weil sie die Würde von Menschen nicht respektieren. Zur Meinungsfreiheit gehört, mich mit meinem Namen zu meiner Meinung zu bekennen, mein Gesicht zu zeigen. Natürlich setze ich mich damit anderen aus, aber das gehört zur Meinungsfreiheit dazu.

Als vor einigen Wochen Schauspieler mit ihrer Aktion #allesdichtmachen heftigen Widerspruch auslösten, fand ich es eigenartig, wie schnell einige von ihnen wieder zurückruderten. Dass es Applaus aus der Querdenkerecke gab, kann allein kein Argument gegen das Anliegen der Schauspieler sein. Dass ich mit Widerstand rechnen muss gehört zur Meinungsfreiheit, denn sie macht nur Sinn, wenn auch Inhalte vertreten werden dürfen, die nicht gefallen. Sonst wird es einseitig. Hier kommt den Medien eine Rolle zu, die meiner Meinung nach oft nicht mehr wahrgenommen wird, nämlich die der Objektivität. Ich verstehe Medien als Unterstützung bei meiner Meinungsbildung, denn ich bin auf möglichst umfassende Information angewiesen. Doch die Darstellung von Meinungsvielfalt vermisse ich vielfach. Da möchte ich die Medien nicht aus ihrer Verantwortung für die Meinungsbildung entlassen. Gerade als Kirche, bei allem was schiefläuft, haben wir auch unter einer Einseitigkeit der Berichterstattung zu leiden.

Apropos Kirche: in punkto Meinungsfreiheit sehe ich hier auch noch kräftigen Nachholbedarf. Ich erinnere an das römische Schreiben im Februar. Wie Meinungsfreiheit hier sehr kreativ eingefordert werden kann, zeigt die Aktion #liebegewinnt mit den Gottesdiensten am kommenden Montag und der Aktion „Segen für alle“.


Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de


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