14.08.2020 Bruder Michael Blasek

„Ich möchte“

<> Der Kommentar der Woche.

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren die Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Michael Blasek

Vor Jahren sprach mich jemand nach einer Predigt an: „Ist Ihnen aufgefallen, wie oft Sie das Wort ‚müssen‘ in Ihrer Ansprache benutzen?“ Ich schaute nach. Tatsächlich. Viel zu häufig gebrauchte ich Worte wie: „Wir müssen jenes tun“, „Ich muss darauf achten, dass…“. Ich fühlte mich ertappt. Aber das hatte ich doch so gelernt – daheim, in der Schule, im Kommunionunterricht? Überhaupt scheint dies eine gesellschaftliche Grundeinstellung zu sein: Wir müssen unseren Weg gehen. Wir müssen unsere Berufung entdecken. Wir müssen einen Sinn im Leben finden. Ich spüre Unbehagen. Was muss ich wirklich, wofür und für wen?

Gott geht einen anderen Weg mit uns Menschen. Da ist zuerst seine Zusage, dass wir seine Töchter und Söhne sind – komme, was da wolle –, die Ermutigung, dass sein guter Geist in uns lebt und schließlich der Zuspruch: „Du kannst das!“ Dies eröffnet uns Möglichkeiten, Leben zu probieren. Wir müssen nicht einen vorgeschriebenen Weg gehen. Wir können das Leben wagen – auch mal mit Um- und Irrwegen. Wir können es, weil wir nicht alleine unterwegs sind. „Ich bin bei euch“, ist Gottes Geschenk an uns. Jetzt kann und darf ich los-leben.

Ich habe erfahren, dass darin Vertrauen wächst, Freundschaft mit Gott entsteht, die mich zur nächsten Haltung lotst, die in dem Satz mündet: „Ich möchte!“ Im Erleben der Freiheit aus Liebe kann ich die Antwort geben: „Ja, das möchte ich!“

Dies ist, so glaube ich, Gottes Weg mit uns. Er zwingt nicht. Er lädt ein. Manchmal muss er warten bis der Mensch dieses Wort sagt: „Ich möchte mit dir gehen!“ Die Geduld hat er.

Bruder Matthias, dem neuen Novizen, der letzten Sonntag eingekleidet wurde, danke ich für seine Antwort: „Ich möchte mit euch den Weg der Nachfolge gehen.“ Ich wünsche ihm dabei viel innere Freiheit, Freude und Gottes Segen.


Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
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