06.11.2020 Bruder Andreas Brands

Mut!

<> Der Kommentar der Woche.

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren die Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Andreas Brands

Es hat in der katholischen Welt für Aufregung gesorgt, ja es glich sogar einer „Weltsensation“, als Papst Franziskus in dem im Oktober erschienenen Film FRANCESCO sagte: „Wir müssen ein Gesetz für eingetragene Lebenspartnerschaften aufsetzten. Auf diese Weise sind sie rechtlich abgesichert. Dafür habe ich mich eingesetzt.“

Hört! Damit hatte eigentlich keiner gerechnet, auch nicht in der LGBTIQ-Szene. Ein Satz, gesprochen als Papst Franziskus, mit dem Anspruch, die Lehre der Kirche zu revolutionieren? Gesprochen als Privatperson, als der Jorge Bergoglio des Öfteren ungeschützte Äußerungen in die Welt gesetzt hat? Ob offiziell oder privat – die Kritik bzw. Richtigstellung aus dem Vatikan ließ nicht lange auf sich warten. Die Lehre der Kirche, wie sie im Katechismus verankert ist, sei unveränderlich. Eine homosexuelle Neigung gilt immer noch als „objektiv ungeordnet“. Solange die Kirche auf ihrem Naturrecht beharrt, ändert sich überhaupt nichts. Wenngleich Papst Franziskus mit seiner Äußerung nicht die offizielle Lehre der römisch-katholischen Kirche außer Kraft setzt, so erweitert er die Grenzen des Sagbaren, um die Grenzen des Denkbaren zu verschieben! (vgl. ZEIT ONLINE vom 22. Oktober 2020). Ich möchte Papst Franziskus zurufen: Mut! Weiter! Denn es muss etwas geschehen.

Der Knackpunkt bleibt aus meiner Sicht die Frage, ob die Kirche in der selbstgewählten Sackgasse ihrer „unveränderbaren Lehre“ steckenbleibt. Lehren werde nicht für alle Zeiten definiert, sondern müssen sich neuen Erkenntnissen (z.B. der Wissenschaft) anpassen. Das beste Beispiel bleibt die Erkenntnis, dass sich die Planeten nicht um die Erde drehen. Das erfordert einen Bruch – mit der Tradition, mit dem Für-Wahr-Gehaltenen. Hier ist eine kopernikanische Wende gefordert! Die Lehre der Kirche ist veränderbar, und das kostet Mut und das Eingeständnis, nicht für alle Lebenslagen DIE Antwort zu haben.

Die neueste Papstäußerung ist „nicht der von vielen gewünschte Umsturz des Bestehenden von oben nach unten. Aber es ist auch nicht nichts.“ (ZEIT ONLINE ebd.) Aber die Bewegung derer, die diese Anerkennung seitens der Kirche fordert, ist wieder einen kleinen Schritt vorangekommen. Es gilt, mutig weitere Schritte zu gehen. Jetzt!


Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de.


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