Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren die Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.
Nach seiner Enzyklika „Laudato si“ zitiert Papst Franziskus mit der Enzyklika „Fratelli Tutti“ erneut den Heiligen Franziskus, und zwar den Beginn der sechsten Ermahnung.
Als dieser Titel veröffentlicht wurde, brach ein Sturm der Entrüstung los. Er sei ausgrenzend und frauenfeindlich. Noch bevor also der Inhalt der Enzyklika bekannt war, wurde sie schon heftig kritisiert. Wie kann ein Papst in heutiger Zeit nur Männer ansprechen? Das geht ja gar nicht.
Es spielte keine Rolle, dass der Papst mit diesem Zitat auf die Haltung des Heiligen Franziskus hinweisen wollte, ähnlich wie bei der Enzyklika „Laudato si“. Nein, der Titel passte prima zur aktuellen Diskussion um die Rolle der Frau in der Kirche und deren Zulassung zu den Weihesakramenten.
Ich hätte mir gewünscht, dass man abwartet, was denn tatsächlich in der Enzyklika steht und wie die deutsche Übersetzung lautet. Nun ist sie veröffentlicht, und bereits im ersten Satz wird deutlich, dass mit „Fratelli Tutti“ sowohl die Brüder als auch die Schwestern angesprochen sind.
War also die ganze Aufregung umsonst? Vielleicht, aber ich bin auch ein Mann. Es hat gezeigt, wie aufgeladen die Diskussion um die Rolle der Frau in der Kirche ist und wie sehr auf die Wortwahl geachtet wird. Das ist an sich nicht schlecht, denn Sprache schafft Realität, aber der eigentliche Inhalt der Enzyklika sollte dadurch nicht in den Hintergrund geraten. Sie ist ein Appell für Geschwisterlichkeit, soziale Freundschaft und weltweite Solidarität.
Gerade die Corona-Krise führt uns die Wichtigkeit dessen deutlich vor Augen. Das Schreiben ist von der Grundhaltung des Heiligen Franziskus geprägt, allen Mitmenschen auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb hoffe ich, dass sowohl Männer als auch Frauen diese Enzyklika lesen und sich von ihr angesprochen fühlen.
Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
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