Natanael Ganter ofm

„Offen, freundlich, frei – und in kleinen Gemeinschaften!“

Franziskaner werden – Franziskaner sein

Vor allem die Offenheit und ihre Art, miteinander und mit den Menschen umzugehen, hat Bruder Andreas von Anfang an bei den Franziskanern begeistert. Schon als Schüler kam er über seinen Religionslehrer, Bruder Rolf, in Kontakt mit dem Orden. Die Pfarrei St. Martinus in seinem Heimatort Moers-Repelen am Niederrhein war von 1969 bis 1990 eine Franziskanerpfarrei mit vier Brüdern. Repelen war zudem auch Ausbildungshaus, sodass oft Postulanten in der kleinen Fraternität lebten.

Die Franziskaner sorgten sich um eine kreative und inspirierende Jugendarbeit in St. Martinus. Hier fühlte sich Andreas Brands (Jahrgang 1967), der Sohn einer Ingenieursfamilie, sehr wohl. Mit 15 war er Jugendgruppenleiter, mit 17 kam er erstmals nach Assisi und war begeistert, mit 18 war er Mitglied des Pfarrgemeinderates. Nach dem Abitur war es für Andreas keine große Frage, wohin ihn seine Zukunft führen würde: Kirche und Franziskaner sollten sein Weg sein. 1987 begann er zusammen mit neun weiteren jungen Männern seine Ausbildung zum franziskanischen Ordensmann.

Ganz so ungetrübt war sein Start ins Ordensleben dann aber nicht. Viele alte Brüder in den größeren Klöstern der Provinz waren noch geprägt von einem konservativen und engen Lebensstil, einem Formalismus und einer Versorgungsmentalität, die so gar nicht dem entsprach, was Bruder Andreas in der kleinen Pfarr-Fraternität in seiner Heimat bisher kennengelernt hatte. Ihm wurde bewusst, dass es ein sehr großer Unter schied sein kann, ob man in einem großen Kloster oder in einer kleinen Gemeinschaft lebt.

Während seines Studiums der Theologie und Philosophie an der Ordenshochschule und an der Universität in Münster lebten die jungen Brüder glücklicherweise außerhalb der alten Klosterstrukturen, eigenverantwortlich in einer Studentengemeinschaft.

Nach dem eher kopflastigen geisteswissenschaftlichen Studium war Bruder Andreas noch nicht klar, wohin ihn sein Weg als junger Theologe führen würde. Er wollte zunächst etwas „Geerdetes“ erlernen. Während er weiterhin in der Studentengemeinschaft lebte, ließ er sich zwei Jahre lang zum Erzieher ausbilden. Nach seiner Feierlichen Profess und der Priesterweihe 1997 in Münster, mit Studium und Ausbildung in der Tasche, war Bruder Andreas endlich so weit, den Traum vom Franziskanersein zu leben und Verantwortung zu übernehmen.

Die Verantwortung kam schneller als erwartet: Während eines Praktikums im „Projekt Omnibus“ in München erkrankte der Projektleiter Bruder Michael Först. Bruder Andreas übernahm für ein Jahr die Leitung des Wohnprojekts für Eltern schwerkranker Kinder.

Über Münster, Lyon, München, Neubrandenburg, Wiedenbrück, Eggenfelden und Berlin führten ihn die weiteren Stationen in seinem Leben seither immer an Orte, an denen er seine Begeisterung vom Franziskanersein in verschiedenen Aufgaben leben konnte. Und das bedeutet für ihn: Nicht die Regularien, sondern der Mensch steht im Mittelpunkt. Bruder Andreas möchte Kirche als Haltung und Zuwendung erfahrbar machen.

Seit 2001 bildet Bruder Andreas junge Brüder aus. So kann er weitergeben, was ihn selbst am Franziskanersein Rahmen und Tradition, fordert sie aber gleichzeitig auf, infrage zu stellen, was sie vorfinden, kritisch zu sein, nach Neuem zu suchen und ihr „Eigenes“ zu finden.

Heute ist Bruder Andreas unter anderem verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der franziskanischen Suppenküche in Berlin-Pankow. Er hat seinen Platz im Leben und in der Kirche gefunden: geschwisterlich das Leben teilen, Bruder sein. Den Anderen als Anderen anzuerkennen und sein zu lassen. Und natürlich die frohe Botschaft des Evangeliums zu leben und weiterzugeben. Offen, freundlich und frei!

Erstveröffentlichung Zeitschrift Franziskaner / Frühjahr 2016.


Ein Kommentar zu “„Offen, freundlich, frei – und in kleinen Gemeinschaften!“

  1. Lieber Herr Brands
    Vielen Dank für Ihre Aussage im heutigen Rundfunkbeitrag!
    Für mich ist nicht die Grundthematik, der ich aufmerksam zugehört habe ein persönliches Problem. Was mich zutiefst berührt und geradezu ein Feuer in mir wachruft ist der Gedanke des Zuspruchs. In mir hat sich im Laufe meines Lebens genau dieser Aspekt des Wirkend Jesu herauskristallisiert. Das ist das Wesentliche und ganz diesseitige seines Wirkens unter den Menschen und darin, so meine ich, liegt der Auftrag der Nachfolge. Ich freue mich ausserordentlich, dass Sie diese, auch meine Erkenntnis, ausgesprochen haben. Es würde mich interessieren, in wie weit diese Erkenntnis allgemein in der Kirche mitgetragen wird.
    Mit freundlichen Grüssen
    W.J.Smits
    Hamminkeln
    Antoniusstr.21

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