25.05.2023 Bruder Stefan Federbusch

Pfingsten: Entdeckung des Geistes

Mauer im Dominikus-Kirchenzentrum in München-Nordhaide. Bild von Bruder Stefan Federbusch

Ich bin eingeladen zum Gottesdienst ins Dominikus-Kirchenzentrum in München-Nordhaide. Ein roter quadratischer Backsteinbau um einen Innenhof. Zunächst nichts Auffälliges. „Haben Sie schon gesehen?“, werde ich gefragt und eingeladen, einmal näher heranzugehen und genauer hinzuschauen. Tatsächlich, da sind einzelne Worte in die Mauersteine eingebrannt. Roh, Duh, Fryme, Duch, Lelek. Erst als ich Espirito und Geest lese, bekomme ich die Ahnung, dass auch die anderen Worte „Geist“ bedeuten. Dies bestätigen an anderer Stelle Spirito und Spiritus.

Die Backsteinwände des Kirchenzentrums sind für mich ein Sinnbild für Pfingsten und für unseren Alltag. Auf den ersten Blick ist da wenig vom Geist Gottes sichtbar. Erst beim genaueren Hinschauen zeigt er sich, wird er anschaulich – hier in den verschiedenen Sprachen und konkret in den Menschen vor Ort. „Ihr seid der Tempel Gottes – in Euch wohnt Gottes Geist“, spricht der Apostel seiner Gemeinde in Korinth zu. Jeder Mensch eine unglaubliche Kostbarkeit – in aller Gebrochenheit des Leibes, in aller Verwundung der Seele, in allem Leid der jeweiligen Lebensgeschichte. Damit kommen Menschen aus vielen verschiedenen Ländern zusammen, um miteinander Gottesdienst zu feiern und sich gegenseitig zu unterstützen.
Pfingsten als Einladung, noch einmal genauer hinzuschauen: Was siehst Du?

Es zeigen sich Steine mit den Gaben des Heiligen Geistes: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Sie klingen immer ein wenig abstrakt und müssen in die konkreten Lebenssituationen heruntergebrochen werden.

Pfingsten als Einladung, noch einmal genauer hinzuspüren: Was lebst Du? Wie und wo kommen die Gaben des Geistes zum Ausdruck? Wie und wo bringst Du Deine Charismen, Deine Geistesgaben, Deine ganz persönlichen Talente und Fähigkeiten ein?

Der hl. Franziskus fordert uns Brüder in der Ordensregel auf, „spiritualiter“, d.h. geistlich zu leben, den „Geist des Herrn zu haben und sein heiliges Wirken“. Der zeigt sich darin, den „geistlichen Bruder zu lieben und zu nähren“. Aus der Gottesliebe erwächst für ihn in der Gemeinschaft die Sorge füreinander, einander im Blick zu haben und damit die Bedürfnisse des Einzelnen. Mit moderneren Worten gesagt: achtsam und solidarisch miteinander umzugehen, aufmerksam und unterstützend.

Die Mauern des Kirchenzentrums verkünden, aus welchem Geist heraus die christliche Gemeinde in aller (Sprachen)Vielfalt lebt und sie mahnen, jeden Tag zu einem Pfingstfest werden zu lassen. Gottes Geist, Gottes Wirken im Alltag und im anderen Menschen zu entdecken, und selbst aus dem Geist heraus zu leben, ist und bleibt eine spannende tagtägliche Aufgabe.


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