30.05.2016 Kristina Nienhaus (Soester Anzeiger)

Bischof aus Syrien zu Besuch in Deutschland

Der Apostolische Vikar von Aleppo erzählt eindringlich über die Lage in Syrien

Bruder Werner Mertens (rechts) freute sich den Franziskaner Georges Abou-Khazen (Mitte) aus Aleppo in Werl begrüßen zu können. Der syrische Student Antoine Capucci, der einige Zeit bei den Werler Franziskanern lebte, begleitete das Treffen. Foto: Nienhaus
Bruder Werner Mertens (rechts) freute sich Bischof Georges Abou-Khazen (Mitte) aus Aleppo in Werl begrüßen zu können. Der syrische Student Antoine Capucci, der einige Zeit bei den Werler Franziskanern lebte, begleitete das Treffen. Bild von Kristina Nienhaus

Bis zuletzt war es nicht sicher, ob er kommen würde. Tags zuvor waren erneut Bomben auf die Stadt niedergegangen und so wartete Pater Werner Mertens aus Werl bange Minuten am Berliner Flughafen bis er seinen Gast endlich begrüßen konnte. Der apostolische Vikar und Franziskaner Georges Abou-Khazen aus dem syrischen Aleppo war auf Initiative des Werler Franziskaners zum deutschen Katholikentag nach Leipzig eingeladen worden. Am Sonntag besuchte er Werl und fand beim Gespräch mit dem Soester-Anzeiger eindringliche Worte über die Situation in seiner syrischen Heimat.

„We lose our history“: wir verlieren unsere Geschichte, sagt der syrische Bischof. Die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates verbreiten nicht nur Angst und Terror in der gesamten Region, sie finanzieren ihre Gräueltaten auch durch den Verkauf von Öl und vor allem durch das Plündern und Veräußern von wertvollen Kunstschätzen. Eine Vielzahl der Unesco Welterbestätten in Syrien sind durch die Kämpfe schwer beschädigt.

23 unterschiedliche ethnische und religiöse Gruppen lebten vor dem Krieg in Syrien, wie ein „wunderschönes Mosaik“, beschreibt der Bischof Abou-Khazen. Nun jedoch verlassen sie alle gemeinsam das Land. Täglich fallen Bomben. An den meisten Tagen sterben mindestens vier oder fünf Menschen, nirgendwo ist man sicher. Schulen werden getroffen, Spielplätze zerstört, Bürogebäude verwüstet. Eigentlich könne es jeden überall treffen, berichtet der Franziskaner. Dazu komme die schreckliche humanitäre Situation. Es fehlt an Medikamenten, Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. Elektrizität gibt es nur ein paar Stunden am Tag, sieben Monate lang habe man zuvor ganz ohne Strom auskommen müssen.

Die Inflation ist ein großes Problem. Öl für die Heizungen und Benzin sind für die Bewohner Aleppos Mangelware und bis vor kurzem sanken die Temperaturen noch bis auf -15 Grad Celsius in den Nächten. Wer kann es den Menschen also verübeln, wenn sie die ehemalige Metropole am Fluss Euphrat, die zweitgrößte Stadt Syriens, verlassen. Die Franziskaner aber bleiben gerade wegen der schwierigen Lage vor Ort.

„We are there with them“, betont Georges Abou-Khazen: Wir sind gemeinsam mit ihnen dort. Und die Franziskaner sind nicht nur mit ihnen, sondern auch für sie da. Das Wichtigste sei es, Präsenz zu zeigen, und die Menschen zu ermutigen, die Hoffnung auf Frieden nicht zu verlieren. So helfe man mit der Finanzierung von Strom-Generatoren und versorge die Menschen mit Wasser aus Brunnen.

Viele Menschen haben durch den Krieg ihre Arbeitsstelle verloren und können jetzt ihre Miete oder Kredite nicht mehr zahlen. Auch bei einigen Krankenhäusern gestaltet sich die Finanzierung schwierig. Hier überall helfen die Franziskaner. Die internationalen Sanktionen, mit denen Syrien belegt wurde, hätten das Leid der Menschen nur noch verschlimmert. Nur die arme Bevölkerung spüre die Auswirkungen, beschreibt Bruder Georges und appelliert eindringlich für ein endgültiges Ende der Sanktionen.

Die Zerstörungen des Krieges sind im syrischen Aleppo allgegenwärtig. Der Franziskaner Georges Abou-Khazen berichtete nun im Zuge einer Reise zum deutschen Katholikentag in Leipzig von der dramatischen Lage der Menschen in Aleppo. Fotos: privat
Die Zerstörungen des Krieges sind im syrischen Aleppo allgegenwärtig. Der Franziskaner Georges Abou-Khazen berichtete nun im Zuge einer Reise zum deutschen Katholikentag in Leipzig von der dramatischen Lage der Menschen in Aleppo. 

Bereits auf dem Katholikentag in Leipzig habe er dies betont und auch bei den weiteren Stationen seiner Reise, in Bonn und München, will er nicht müde werden, die Lage der Menschen in Aleppo zu schildern. Viele seiner Mitbrüder habe er im Zuge des Krieges bereits verloren, beschreibt der Franziskaner, doch sei ihm stets bewusst, wie wichtig seine Arbeit dort ist. Die Menschen in Aleppo seien der christlichen Kirche sehr zugetan. Es werde viel freiwillige Kirchenarbeit geleistet. Gerade viele junge Leute engagieren sich. Besonders freue ihn, dass unter ihnen viel über Vergebung gesprochen werde. Selbst die Kämpfer des IS würden in die Gebete mit aufgenommen.

Menschlichkeit spiele eine große Rolle. Es werde geteilt und füreinander gesorgt. Und doch seien die Menschen vor Ort letztlich auf die große Politik angewiesen. „If the big powers want, we will have peace tomorrow“, wenn es die großen Mächte wollten, wäre morgen Frieden, sagt der Franziskanerpater. Er sei auch dankbar für die deutsche Gastfreundschaft seinen Landsleuten gegenüber: „Thanks Germany for hosting our refugees“. „Er kommt aus dem Krieg, und fährt auch wieder dorthin zurück“, resümiert der Werler Franziskaner Werner Mertens, vom Kommissariat des Heiligen Landes, der den Gast bei seiner Reise durch Deutschland begleitet.

Am kommenden Samstag wird es soweit sein, dann reist Bruder Georges mit der eigenen Hoffnung auf Frieden zurück nach Syrien, um den Menschen dort diese Hoffnung zu schenken.

Wenn Sie für die Arbeit der Franziskaner in Syrien spenden möchten, können Sie dies über das Kommissariat des Heiligen Landes tun. 

  • IBAN: DE 9447 2603 0700 5505 0401
  • BIC: GENODEM1BKC.

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