Von Bruder Helmut Schlegel ofm und Ricarda Moufang (Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität, Frankfurt)

Das Wunder der Tiere

Schöpfung: Wer staunt, fängt an zu glauben …

Wir laden Sie jeweils zu vier Schritten ein: staunen – hören – glauben – tun.

Nähe- oder Distanzbedürfnis einer Katze? Bild von Eledhwen82 / pixelio.de
Nähe- oder Distanzbedürfnis einer Katze? Bild von Eledhwen82 / pixelio.de

staunen

Haben Sie einen Hund? Eine Katze? Wellensittiche, Kanarienvögel, ein Aquarium? Vielleicht haben Sie Ihre Kindheit auf einem Bauernhof verbracht – Kühe, Schweine und Hühner sind Ihnen dann vertraut. Tiere sind treue Begleiter im Alltag, als Haustiere gehören sie zur Familie, als Nutztiere ernähren sie uns.
Die Vielfalt des Tierreiches, die Lebensformen und das Verhalten sind überwältigend. Die Grausamkeit im Tierreich ist nicht wegzuleugnen. Das Leben lebt vom Leben. Das wird ganz besonders deutlich in der Nahrungskette der Tiere. Viele Tierarten müssen töten, um zu leben.

Das Wunder der Tiere: Fledermäuse, die mithilfe des eingebauten Radars ihren Weg durch die nächtliche Dunkelheit finden. Füchse, die im Winter eine Maus unter einem Meter Schnee wittern können. Tiefseefische, gruselige Monster, die eine eigene Lampe in ihrem Organismus besitzen, mit der sie in den Tiefen der Weltmeere ihre Beute anlocken. Die Kolonien der Ameisen, die ganz eigene Organisationsformen ausgebildet haben. Wale und Delfine, die eine hohe Intelligenz besitzen. Kolibris und Adler, Spinnen und Marienkäfer, Schildkröten und Krokodile, Kamele und Eidechsen …

Die Meisen und Amseln in meinem Garten, das geschäftige Eichhörnchen, das die Birke hinauf und hinunter flitzt, die Enten, die mich mit ihrem Gequake frühmorgens wecken – Tiere in meinem Alltag, in meinem Leben. Tiere aber auch im Paradies, Tiere in der Arche Noah. Tiere, nach der Genesis von Gott geschaffen am vierten und am fünften Tag: Eine Welt ohne sie ist undenkbar.

hören

Du sendest Finsternis und es wird Nacht, dann regen sich alle Tiere des Waldes. Die jungen Löwen brüllen nach Beute, sie verlangen von Gott ihre Nahrung. Da ist das Meer, so groß und weit, darin ein Gewimmel ohne Zahl: kleine und große Tiere. Sie alle warten auf dich, dass du ihnen Speise gibst zur rechten Zeit. (Ps 104,20f.25.27)

glauben

Von den Geringsten deiner Brüder
sprichst du und sagst,
dass wir dir antun, was wir ihnen antun.

Ich weiß, du hast alle Geschwister gemeint,
die Frauen und Männer, die Kinder und die Betagten,
die Glaubenden und die Zweifelnden.

Denn
das ewige Wort Gottes
»ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt«.

Ketzerische Frage:
Gehören dann nicht auch
die anderen Geschwister dazu?
Die ausgesetzten Hunde, die gemästeten Gänse,
die gejagten Elefanten, die verendeten Wale?

Denn:
»Was ihr den Geringsten getan habt,
das habt ihr mir getan.«

tun

Hin und wieder einen der guten Natur- und Tierfilme im Fernsehen anschauen und die einzigartigen Fähigkeiten mancher Tiere wahrnehmen.
Hinter dem Nutzen und der Schönheit der Tierwelt tiefere Dimensionen ahnen: die Einsamkeit mancher Haustiere, das Nähe- oder Distanzbedürfnis einer Katze, die Treue und Freundschaft eines Hundes …

Mit Bedacht Fleisch essen oder darauf verzichten und bedenken, welch gigantische Menge wir Mitteleuropäer davon verzehren. Sich Informieren über die Auswirkungen dieser Maßlosigkeit auf Gesundheit, Klima, den Hunger in der Welt und das Leiden der Tiere.

Nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere und andere Wesen beten. Beim Tischgebet nicht nur Gott danken und denen, die das Essen vorbereitet haben, sondern auch den Tieren und Pflanzen, die zu unserem Überleben entscheidend beitragen.

 

Erstveröffentlichung Zeitschrift „Franziskaner“ Sommer 2014