Bekanntlich wird in Deutschland jede dritte Ehe geschieden. In der Folge entstehen Patchwork-Familien und die Frage, wie gehen die Ex miteinander um: Ignoriert man sich und geht sich aus dem Weg? Führt man einen Rosenkrieg und bekämpft sich bis aufs Blut? Oder gesteht man sich gegenseitig das Scheitern ein und versucht einen Modus Vivendi zu finden, der ein Miteinander und kein Gegeneinander beinhaltet?
Mutatis mutandis stellt sich die Frage auch für die Ordensmitglieder, wie sie mit den sogenannten Ehemaligen umgehen sollen. Eine Antwort wurde am Wochenende vom 1. bis 3. Juni 2018 in Fulda auf dem Frauenberg gegeben, eine Antwort, die Modellcharakter haben könnte.
Das Unternehmen begann lange bevor es begonnen hat. Es begann mit der Einladung zu diesem Treffen, und zwar nicht mit dem Hinweis auf die Datierung und die inhaltliche Konzeption, sondern mit der Anrede. Wir wurden angesprochen nicht mit „Liebe Ehemalige“, sondern mit „Liebe Brüder“. Diese Formulierung ist mehr als ein Türöffner, es sind offene Arme, die sich einem entgegen strecken. Das ganze Wochenende lässt einen rückschauend an den verlorenen Sohn und die Aufnahme durch den Vater denken (siehe Lk 15,11 ff).
Vom ersten Moment an, als wir das Kloster betraten, konnten wir spüren, dass wir jetzt, im Moment, wo wir da sind, dazugehören. Das zeigte sich in der vollständigen Integration in den uns allen ja geläufigen Tagesablauf. Die selbstverständliche Teilhabe am Chorgebet als essentieller und integraler Bestandteil funktionierte über die drei Tage, als ob wir alle nie weg gewesen wären.
Wie sehr wir uns zugehörig wissen dürfen, zeigte sich, als Cornelius uns Einblick gab in die Situation der Provinz, in die Not angesichts der zunehmenden Überalterung und des fehlenden Nachwuchses verbunden mit dem Zwang, immer wieder ein Haus nach dem anderen schließen zu müssen. Für uns war das nachvollziehbar, da jeder von uns zu der einen oder anderen Niederlassung eine Beziehung hat, die zum Teil sehr emotional ist.
Wir durften ferner durch Johannes Einblick gewinnen in das Projekt „vivere“, das für den einen oder anderen durchaus eine Möglichkeit darstellt, sein franziskanisches Erbe an dem Platz, an dem er jetzt steht, einzubringen.
Wir bekamen Gelegenheit, uns in Kleingruppen ohne thematische Vorgaben so persönlich auszutauschen, wie es jeder wollte. Einige meinten im Anschluss, so Persönliches und Privates hätten sie während ihrer Ordenszeit nie von sich gegeben und sie hätten diese Gelegenheit als großes Geschenk und Befreiung empfunden, auch in der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit, ihres Bruchs in der Biographie. Vielleicht ist es auch nötig, im Orden in diesem Punkt Zurückhaltung zu üben und seine existentielle Intimsphäre zu schützen. Man lebt auf engem Raum mit jemandem zusammen, den man sich in der Regel nicht ausgesucht hat.
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass wir sehr gut verköstigt wurden nach dem Motto: „Ein Franziskaner, der hungert, ist kein Franziskaner“.
Als wir am Sonntag auseinander gingen, meinte einer, es sei gut, dass wir nicht länger zusammen sind, sonst bestünde die Gefahr, dass man nicht mehr weggehen möchte. Ein schöneres Kompliment und ein größeres Dankeschön kann man allen Teilnehmern nicht aussprechen, besonders aber denen nicht, die die Arbeit und Last der Vorbereitung und Organisation getragen haben: Gabriel, Johannes und Maximilian.
Wir sind auseinander gegangen im Bewusstsein, dass franziskanische Spiritualität auch außerhalb der Klostermauern von uns allen in unterschiedlicher Weise und Intensität gelebt werden kann. Wir haben diese franziskanische Spiritualität gefunden in der Trias: Für die Armen – mit den Armen – als Arme