Bruder Cornelius Bohl

Trinität – Dreiheit der Personen in Gott

Das Wesen der Dreifaltigkeit ist Gemeinschaft

Ein anschauliches Bild für die Dreifaltigkeit ist der Wasserfall, aus dem drei eigenständige Ströme hervorgehen. Bild von Carlosh / pixelio.de
Ein anschauliches Bild für die Dreifaltigkeit ist der Wasserfall, aus dem drei eigenständige Ströme hervorgehen. Bild von Carlosh / pixelio.de

Die Frage nach „Gott“ ist schon schwer genug. Ob es ihn gibt, wer er für uns ist und wie man ihn erfahren kann. Sollte man da die Rede von dem einen Gott in drei Personen nicht gleich den Fachtheologen überlassen? Sie scheint sehr spekulativ, abstrakt, belastet von jahrhundertelangen dogmatischen Streitereien. Und so weit weg von dem, was Menschen heute bewegt.

Es kann nicht darum gehen, das Geheimnis der Trinität erklären zu wollen. Aber ich darf dankbar staunend ahnen, was das für mich bedeuten kann. Vielleicht das Wichtigste: Der eine Gott ist kein starrer monolithischer Block, sondern in sich lebendige Beziehung. Der Vater zeugt den Sohn, der Sohn empfängt sich vom Vater, der Geist geht von beiden aus und ist das einigende Band.

Ich muss das nicht verstehen. Aber ich spüre, dass es in Gott selbst lebendiges Gegenüber gibt, Geben und Empfangen, Schenken und Verdanktsein, eben all das, was Leben wesentlich ausmacht. Der christliche Gott ist alles andere als ein unbewegter Beweger. Er ist in sich höchst bewegt und greift in dieser Dynamik über sich hinaus: Auf den Sohn hin ist alles erschaffen (vgl. Kol 1,15f.), im Sohn wird Gott selbst Mensch und damit Teil dieser Welt, im Geist ist er bleibend gegenwärtig. Und wenn Jesus wirklich Gott war, dann gibt es, menschlich gesprochen, seit seinem Tod am Kreuz so etwas wie die Erfahrung von Trennung, Leid und Tod in Gott selbst. Der Sohn, so betet die Kirche an Christi Himmelfahrt, hat unsere schwache, mit seiner Gottheit vereinte Menschennatur zur Rechten des Vaters erhoben. Durch das Christusereignis ist also nicht nur Gott in Welt, sondern auch Welt und Mensch in Gott. Volkstümliche Darstellungen der Aufnahme Mariens in den Himmel zeigen diese beglückende Provokation: Der Mensch ist zu Hause in den Beziehungen eines dreieinen Gottes.

Trinität hat also wesentlich mit mir zu tun. Wenn Gott nicht einsam isoliert existiert, sondern in lebendiger Beziehung, dann kann auch meine Erfüllung als Mensch nicht in einer selbstbezogenen autonomen Glückseligkeit bestehen, sondern nur im Miteinander und Füreinander. Für den Christen ist darum nicht die meditative Versunkenheit in sich selbst, sondern das Wagnis von Beziehung der primäre Ort der Gotteserfahrung.

Und noch etwas sagt mir die Trinität: Vater, Sohn und Geist sind gleich göttlich und gleich ewig, aber nicht einfachhin „Dasselbe.“ Der dreieine Gott wird so auch Bild gelungener menschlicher Beziehung. Wir Menschen sind nicht gleich im Sinn von identisch: Ein Mann ist anders als eine Frau, Ehepartner sind untereinander verschieden, und meine beste Freundin ist anders als ich. Manchmal haben wir Angst vor Verschiedenheit, da sie auch Quelle vieler Konflikte ist. Aber Beziehung ist nur in Verschiedenheit möglich. Erst sie ermöglicht, was in Gott vollkommen verwirklicht ist: gegenseitiges Sich­Schenken und Sich­Verdanken in Liebe. Wir bleiben grundverschieden – und haben doch die gleiche Würde, so wie die drei Personen in Gott grundverschieden sind und doch gleich göttlich und eins. Wir Menschen sind nach dem Bild des dreieinen Gottes geschaffen und dürfen im Blick auf diesen Gott Möglichkeiten unseres eigenen Menschseins entdecken.

Erstveröffentlichung Zeitschrift „Franziskaner“ Herbst 2014


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