25.02.2025 Bruder Bernardin Marker

Unterwegs am Himmel: Wissenschaft, Erkenntnis und Glauben

Himmel
Die Milchstraße von den Mammoth Lakes in der amerikanischen Sierra Nevada aus. „Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, die Gestirne von deiner Hand gemacht: so staune ich, dass du dich um uns kleine Menschen kümmerst.“ (Psalm 8,4) Foto von Robson Hatsukami Morgan auf Unsplash.

Einen Blick in den Himmel über uns zu werfen, ist ja einfach und rätselhaft zugleich: Den Kopf nach hinten zu legen genügt, und das Fragen beginnt. Zum Glück gibt es eine Reihe von Antworten. Ich bin selbst schon immer ein „Himmelsblicker“ gewesen und habe voller Respekt auf die geschaut, die als „Bodenseher“ den Blick für Land und Meer, Tiere und Pflanzen in der Horizontalen im Allgemeinen bevorzugen.

Ordnung am Himmel

Vielleicht ist ja dem ein oder anderen eine gewisse Orientierung in der Sternenfülle schon einmal nahegebracht worden. Man kennt oftmals doch den „Großen Wagen“ und weiß sogar, dass man sich von diesem Sternbild ausgehend eine wichtige Information verschaffen kann: Hat man vom Großen Wagen aus den Polarstern gefunden und dessen Winkelhöhe über dem Horizont gemessen, so kennt man sofort die geographische Breite der Position auf der Erdoberfläche. Die Bestimmung der geografischen Länge war dagegen stets das größere Problem.

Wie schön ist es, am gestirnten Himmel Figuren zu erkennen. Verschiedene Gruppen von Sternen erschienen schon immer dem Betrachter als Personen und Gegenstände, die in einer virtuellen Landschaft fixiert zu erkennen sind. Daher rührt auch die Bezeichnung Fixsterne, denn sie gaben den Menschen schon immer die Gewissheit, dass es eine Welt gibt, die nicht der Veränderung unterworfen ist.

Zu den bekanntesten der Sternbilder zählt sicher der Orion, der auch schon beim Propheten Amos (5,8) genannt wird. Inzwischen ist natürlich schon viel mehr bekannt und wir wissen heute, dass auch die Fixsterne als Mitglieder unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, in einer für uns in der Regel nicht wahrnehmbaren Art Bewegungen und Veränderungen unterworfen sind.

Einige Sternbilder sind bekannt, weil sie identisch sind mit den sogenannten Tierkreiszeichen. Sie markieren die Orte am Himmel, durch die unser Heimatstern, die Sonne, von uns aus gesehen im Laufe eines Jahres seinen Weg nimmt. Wie oft wird bei persönlichen Vorstellungen gleich nach dem Sternbild gefragt, „in dem man geboren ist“. Vom Widder bis zu den Fischen sind es zwölf an der Zahl. Bei der Gelegenheit ist festzustellen, dass ein Jahr nun mal astronomisch gesehen nichts anderes ist als eine Runde um die Sonne, die wir als Bewohner des Planeten Erde mit 30 Kilometer pro Sekunde (!) fast kontinuierlich zurücklegen.

Lichtverschmutzung

Wenn moderne Menschen aus ihren Städten zum Himmel blicken, wird ihnen auffallen, dass oftmals kaum noch Sterne zu erkennen sind. Die Lichtverschmutzung ist eines der Phänomene der Zivilisation, die die Faszinationserfahrung mehr und mehr unmöglich macht. Wer kennt heutzutage noch den Anblick eines von Sternen übersäten und mit dem Band der Milchstraße überzogenen Himmels, der vielleicht den Bewohnern auf dem Land noch zuteilwird, besonders wenn sie in einem sogenannten „Sternenpark“ wie der Hohen Rhön beheimatet sind?

Zählt man die Sterne unter verschiedenen Bedingungen, so kommt man in einer Stadt mit Lichtdunsthaube heute auf keine Hundert mehr, während es unter optimalen Bedingungen vielleicht Drei- oder Viertausend sind. Bei der Gelegenheit: Man lasse sich nicht täuschen! Erst mit Instrumenten wie Feldstecher und Teleskopen erweitert sich die Zahl tatsächlich in die oft schon vermuteten Millionen von Objekten, die dann für unser Auge sichtbar werden. Ganz zu schweigen von den modernen fotografischen Möglichkeiten, wie sie das Foto oben andeutet.

Sei gelobt, mein Herr…

Franz von Assisi muss diese überwältigende Seherfahrung gemacht haben in den von keinerlei künstlichen Lichtquellen aufgehellten und industriellen Abgasen und Rauchschwaden verunreinigten Nächten Mittelitaliens. Unter genau diesem Eindruck wird er die Strophe seines Sonnengesangs gedichtet haben, in der er mit Bruder Sonne, Schwester Mond und den Sternen zum Lob Gottes spricht: „Am Himmel hast du sie geformt, hell, kostbar und schön.“ Das geht schon unter die Haut.

Immer wieder wird in der Weihnachtszeit die Frage nach dem Wesen des Weihnachtssterns gestellt. Bekannt ist vor allem die Darstellung als Schweifstern, der mit seiner Ausrichtung den Ort der Niederkunft des Retters anzeigt. Die astronomischen Hintergründe dazu sind vielfältig: So könnte es zur Zeit der Geburt des Erlösers ein markanter Komet gewesen sein, der zufällig bei guter Sichtbarkeit die Nacht prägte, oder auch eine seltene nahe Begegnung der großen und hellen Planeten Jupiter und Saturn, die ein auffälliges Merkmal am Himmel darstellte.

Echtes Staunen

Wenn man mit solchen Kenntnissen und Gedanken am Himmel unterwegs ist, verspürt man etwas von der „Wohlordnung“, die der uns umgebende Kosmos zeigt; das griechische Wort „kosmos“ bezeichnet genau dies im Deutschen. Die oft genannten astronomischen Zahlen und Fakten, die ein unglaubliches, fast unheimliches Wissen über diesen Kosmos ermöglichen und zugleich ein tiefes Schweigen auslösen, führen jeden Menschen zu einer überwältigenden Faszination. Die in der Astrophysik immens wachsende Fülle von Messdaten, deren Auswertung zu immer neuen Informationen, Aussagen und Gesetzmäßigkeiten, aber auch Fragestellungen in der Wissenschaft führen, lassen inzwischen viele hieb- und stichfeste Erkenntnisse zu.

Sie erst ermöglichen ein echtes Staunen für denjenigen, der immer neu versucht, dieses Wissen ganzheitlich zu begreifen und zu vermehren. Da aber dem rein wissenschaftlichen Verstehen dem Menschen selbst Grenzen gesetzt sind, muss er sich auch anderen Möglichkeiten der Erkenntnis öffnen. Zuletzt sind dies Intuition und Bekenntnis, die uns zum Glauben an den Gott führen, der in Jesus Christus vom Himmel auf unseren Planeten herabstieg. Welcher Himmel es auch sei, den wir hier meinen, spielt keine Rolle. Und dass unsere Erde letztlich nur einer von wahrscheinlich unzählbaren anderen Planeten ist, auf dem sich das Geheimnis der Menschwerdung abspielt(e) und immer wieder ereignet, darf einem an der christlichen Religion ausgerichteten Menschen Nebensache sein.

Was letztlich zählt, ist die offene und unvoreingenommene und friedvolle Zuwendung zum Ganzen der Schöpfung, besonders zu den Mitgeschöpfen der eigenen Spezies und dort besonders zu jenen, die vom Himmel aus gesehen am weitesten entfernt leben und die dem Mensch gewordenen Gott zugleich am nächsten waren: die Menschen im Abseits der Gesellschaft, über denen allerdings der gleiche Himmel prangt wie über allen anderen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Missionszeitschrift der Franziskaner, Ausgabe 4/2024.


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