Bruder Hadrian Koch

Verfolgung um des Glaubens willens

Die Situation verfolgter Christen weltweit

Kinder sind die leidtragenden religiöser und ideologischen Konflikte. Bild von Harald Schottner  / pixelio.de
Kinder sind die leidtragenden religiöser und ideologischen Konflikte. Bild von Harald Schottner / pixelio.de

In der Betroffenheitskultur unseres Landes hat das Wort „Christenverfolgung“ keine große Chance auf ein Echo. Ich meine natürlich nicht nur das Wort, sondern die darin zur Sprache gebrachte Wirklichkeit. Mancher hört verschämt weg oder denkt schuldbewusst an die Zeiten, in denen Christen selbst die Subjekte der Verfolgung waren.

Am Anfang war es anders, auch wenn es nicht so geplant und schon gar nicht so gewünscht war. Jesu Weisung zur Nächsten- und sogar zur Feindesliebe wäre ja mit Füßen getreten worden. Die Christen waren Objekte religiöser und politischer Anfeindung, weil sie sich den Absolutheits- und Exklusivansprüchen der jeweils herrschenden Religion und Staatsmacht entzogen haben und einen eigenen Weg gegangen sind, den „neuen Weg“ (vgl. Apg 9,2). Dieser „neue Weg“ machte sie in gewisser Weise zu „Fremden“ in ihrer Umgebung und in dieser Welt; sie sollten zwar „in“ ihr sein, aber nicht „von“ ihr.

Die geschichtliche Konstellation hat dann aus Verfolgten Staatstragende gemacht und später aus Opfern auch Täter. Das ist immer so, wenn sich für absolut gehaltene religiöse Wahrheiten mit politischen Motiven verbünden. Die Täter halten ihre Hybris für starken und unbeugsamen Glauben, der ihnen das Recht gibt, andere entweder auf Linie zu bringen oder sie auszurotten. Entweder ist die Politik zur Erreichung dieser Ziele von der Religion eingespannt worden, oder die Politik nutzte diesen Irrsinn für ihre eigenen Zwecke. Dass die Geschichte dazu endlose Beispiele parat hält, wissen wir.

Dass das 20. und 21. Jahrhundert gerade darin eine Renaissance erleben würde, haben viele als Opfer erfahren und als Zeugen miterlebt. Heute sind die meisten Menschen – 80 bis 90 Prozent –, die um ihres Glaubens willen verfolgt, manchmal sogar getötet werden, Christen: in Afghanistan, in Ägypten, in Indien, in Indonesien, im Irak, im Iran, im Jemen, in Nigeria, in Nordkorea, in Pakistan, in Saudi-Arabien, in Somalia, um nur einige Länder zu nennen. In all diesen Staaten gelten die Menschenrechte. Alle diese Länder müssten eigentlich wissen, was Hass und Gewalt in ihnen schon ausgelöst und angerichtet haben und noch oder wieder anrichten.

Staatliche und religiöse Institutionen scheuen nicht vor Lüge und Entstellung der Wahrheit zurück, um die nötigen „nützlichen Idioten“ zu rekrutieren. Analphabetismus und gepredigten Hass könnte man fast schon als politische Instrumente bezeichnen. In Ägypten gibt es ca. zehn Prozent koptische Christen, eine nicht gerade kleine „Minderheit“, die angeblich die volle Freiheit der Religionsausübung genießt. Vermutlich waren es keine erleuchteten Gestalten, die diese Androhung aussprachen, die braucht es auch nicht, solange es in die Irre geführte Fanatiker gibt, die von anderen dazu gemacht worden sind.

Die christliche Reaktion kann und darf sich nicht auf gleichem Niveau bewegen. Aber auch eine Märtyrereuphorie kann nicht genügen.

Erstveröffentlichung Zeitschrift, „Franziskaner“ Frühjahr 2010


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