… Einst war der Tag des heiligsten Abendmahls herangekommen, an dem der Herr die Seinen bis ans Ende geliebt hatte.
Zu später Stunde, da die Todesangst des Herrn nahte, schloss sich Klara traurig und betrübt in die Abgeschiedenheit der Zelle ein. Als sie betend den Herrn begleitete und ihre bis zum Tod betrübte Seele den Gemütszustand Seiner Betrübnis in sich aufgenommen hatte, setzte sie sich, vom Gedenken an die Gefangennahme und die ganze Verspottung mehr und mehr trunken auf das Lager nieder.
Jene ganze Nacht und den folgenden Tag blieb sie so entrückt, so außer sich selbst, dass sie, die Augen unverwandt stets auf einen Punkt gerichtet, mit Christus angenagelt und gänzlich ohne Empfindung schien. Oft kehrte eine ihr vertraute Tochter zu ihr zurück, um zu sehen, ob sie vielleicht etwas wünsche, und fand sie stets im gleichen Zustand vor.
Als schon die Nacht zum Samstag herankam, zündete die treu ergebene Tochter eine Kerze an und rief der Mutter das Gebot des heiligen Franziskus durch ein Zeichen, nicht durch ein Wort, ins Gedächtnis. Der Heilige hatte ihr ja vorgeschrieben, keinen Tag vorübergehen zu lassen, ohne etwas zu essen.
Als jene nun neben ihr stand, kehrte Klara gleichsam aus einer anderen Welt zurück und brachte das Wort hervor: „Wozu eine Kerze? Ist es denn nicht Tag?“ „Mutter“, sagte jene, „die Nacht ist vergangen, der Tag ist vorbei und eine neue Nacht ist angebrochen.“
Da sprach Klara zu ihr: „Gesegnet sei dieser Schlaf, liebste Tochter; denn lange ersehnt, ist er mir endlich geschenkt worden. Aber hüte dich, von diesem Schlaf jemandem zu erzählen, solange ich noch in diesem Fleisch lebe.“ (LebKl n. 31)
Fühlen, was Jesus aus Liebe zu uns erlitt,
heißt fühlen, wie sehr er uns liebt,
und lässt uns in unaussprechlicher Dankbarkeit zurück.
Impuls von Schwester M. Ancilla Roettger, Klarissenkloster Münster