Christina MÜlling OSF

Wie Maria sein

Die Grundberufung des Christen

„Sei gegrüßt du seine Wohnung“ In dem Gebet „Gruß an die selige Jungfrau Maria“ betrachtet Franziskus das Einwohnen Gottes in Maria und in jedem Christen. Bild von Archiv Deutsche Franziskanerprovinz.

In dem Gebet „Gruß an die selige Jungfrau Maria“ betrachtet Franziskus das Einwohnen Gottes in Maria und in jedem Christen:

„Sei gegrüßt, Herrin, heilige Königin,
heilige Gottesmutter Maria,
die du bist Jungfrau, zur Kirche geworden
und erwählt vom heiligsten Vater im Himmel,
die er geweiht hat mit seinem
heiligsten, geliebten Sohn
und dem Heiligen Geiste, dem Tröster,
in der war und ist alle Fülle der Gnade
und jegliches Gute.
Sei gegrüßt, du sein Palast.
Sei gegrüßt, du sein Zelt.
Sei gegrüßt, du seine Wohnung.
Sei gegrüßt, du sein Gewand.
Sei gegrüßt, du seine Magd.
Sei gegrüßt, du seine Mutter.
Und seid gegrüßt, ihr heiligen Tugenden alle,
die ihr durch die Gnade
und Erleuchtung des Heiligen Geistes
in die Herzen der Gläubigen eingegossen werdet,
um aus Ungläubigen
Gott getreue Menschen zu machen.“

Maria ist das Modell der Menschen, die das Wort Gottes annehmen, es in ihrem Herzen bewahren und täglich durch Wort und Tat zur Welt bringen. Analog zur Gottesmutter Maria betrachtet Franziskus hier den Christen als einen Menschen, der durch den Geist des Herrn „zu seiner Wohnung und Bleibe“ geworden ist. Marias Berufung ist auch unsere Berufung.

Den Gruß des Engels an Maria erweitert Franziskus zu einer Art Litanei von sechs Ave: Mit Maria sind wir Gottes Palast, Zelt, Wohnung, Gewand, Magd und Mutter. Marias Berufung ist auch die unsere: Wir dürfen Ihm Wohnung und Bleibe bereiten, Ihn anziehen und uns Ihm anformen, Ihm dienen und Ihn zur Welt bringen.

Schließlich öffnet sich der Gruß von der Menschwerdung des Gottessohnes in Maria ins Heute: „In der war und ist alle Fülle der Gnade.“ Entsprechend weitet sich auch der Personenkreis: Was Gott an Maria getan hat, das kann und will er durch den Heiligen Geist immer neu bewirken – auch an mir!


Praktische Gebetsübungen

Ich trete in den Raum des Schweigens ein und betrachte das Bild der Gottesmutter. Behutsam fühle ich mich in die Gebärde Marias ein und lasse sie zu meiner Gebetsgebärde werden. Ich spüre in meine Mitte und ersehne mit Maria die Gnade, seine Wohnung und Bleibe zu werden (Johannesevangelium 14,23).

Was Gott an Maria getan hat, das kann und will er durch den Heiligen Geist auch in mir bewirken. Ich formuliere das Gebet „Gruß an die Gottesmutter“ auf mich um und lasse die einzelnen Anrufungen in mein Herz fallen, in dem ich sie immer wieder wiederhole:

Du hast mich erwählt, heiligster Vater im Himmel,
du hast mich geweiht …
Ich bin dein Palast.
Ich bin dein Zelt.
Ich bin deine Wohnung.

Verweilen Sie bei der Anrufung, die Sie anspricht, oder fügen Sie Ihre eigenen Anrufungen hinzu. Lauschen Sie anschließend in der Stille auf die Regung Ihres Herzens: Vielleicht schweigt es friedvoll, vielleicht steigt aber auch eine Bitte, ein Dank, ein Lob auf. Fassen Sie diese Regung in ein kurzes Stoßgebet – nicht länger als einen Satz –, das Sie mit in den Tag nehmen und immer wieder wiederholen können.

Erstveröffentlichung Zeitschrift Franziskaner Frühjahr 2020.


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