23.03.2017 Bruder Natanael Ganter (Fragen) / Thomas Meinhardt (Bearbeitung)

„Wir sind für die Menschen da…“

Franziskaner werden – Franziskaner sein

Franziskaner werden – Franziskaner sein. Was bewegt Menschen ihre gewohnte Umgebung, Beruf und alle Sicherheiten zu verlassen und sich einer Ordensgemeinschaft anzuschließen?

Hans-Georg Löffler ist mittlerweile seit vier Jahren Pfarrer der Franziskanerpfarrei St. Anna in München, nachdem er zunächst Kaplan in Dortmund, dann Novizenmeister in Nürnberg und zuletzt Pfarrer in Berlin war. Geboren in Münster, aufgewachsen in Soest, war der heute 54-Jährige von Kindertagen an in der katholischen Gemeinde verwurzelt. Durch die Franziskanische Gemeinschaft und Angebote der franziskanischen Jugendarbeit kam er mit vielen jungen Brüdern in Kontakt. Nach Abitur, Postulat, Noviziat, Studium und schließlich feierlicher Profess wurde er 1990 zum Priester geweiht.

Hans-Georg, warum bist du Franziskaner geworden?

Priester wollte ich eigentlich schon immer werden. Es war wohl vor allem der Wunsch, für andere da zu sein. Die Entscheidung, Franziskaner zu werden, hat viel damit zu tun, wie ich viele Brüder und ihr gemeinsames Leben in den Konventen erlebt habe. Die Form der Gemeinschaft, die sehr freundliche und völlig unkomplizierte Gastfreundschaft haben „uns“ sehr angesprochen. Ich sage bewusst „uns“, da es damals vielen Kandidaten und Novizen genauso ging.

Waren Faktoren wie Familiengründung oder berufliche Karriere keine Gegenargumente für dich?

Nicht über viel privates Geld verfügen zu können, war für mich nie ein großes Problem. Zwi-schenmenschliche Beziehungen sind mir immer wichtiger gewesen. Was ich verdiene, gebe ich ab, werde aber auch ausreichend versorgt und muss mir über vieles keine Gedanken machen. Was ich von der Gemeinschaft zurückbekomme, ist für mich so viel mehr. Es ist ähnlich wie in der Ehe. Ich habe mich für etwas entschieden, und es ist dieses „für“, was stark bleiben muss. Aber natürlich geht es auch bei uns wie in jeder anderen Lebensform nicht immer harmonisch zu.

Du warst und bist lange Jahre Gemeindepfarrer. Unterscheidet sich für dich ein franziskanischer Pfarrer von einem „Weltpriester“?

Wir haben schon unsere spezifisch franziskanische Spiritualität und sind insbesondere mit denen verbunden, die in irgendeiner Weise am Rande stehen. Und wir leben nicht allein, sondern immer in einer Gemeinschaft von Brüdern, so dass wir uns mit unseren Talenten ergänzen können. Das sehe ich als ein ganz großes Plus. Für mich war dabei immer der Satz eines Mitbruders leitend: „Wir sind für die Menschen da“. Das heißt für mich, vor allem zu versuchen, jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist, ohne Vorurteil mit ihm oder ihr ins Gespräch kommen und dann schauen, was wir tun können.

Hans-Georg, ich erlebe dich mit Leib und Seele als Gemeindepfarrer. Warum gerade diese Berufung?

In einer Gemeinde hat man die ganze Bandbreite des Lebens – alle Freude, alles Leid. Als Priester in einer Pfarrei wird mir viel Vertrauen entgegengebracht, auch von Menschen, die nicht jeden Sonntag in die Messe kommen oder eher am Rande der Gemeinde stehen, die aber bei bestimmten Situationen und An-lässen uns begegnen, Wünsche und Hoffnungen haben.

Mir ist es dabei wichtig, immer zu versuchen, das Gute nicht zu vergessen und herauszuarbeiten. Gerade in der Pfarrseelsorge ist die Versuchung groß, nur die negativen Seiten zu sehen, wir werden weniger, vieles wird zurückgebaut. Doch ich erlebe auch viel Lebendigkeit in den Gemeinden und viele, die sich engagieren. Nur mit einer positiven Grundeinstellung, kann auch etwas Positives vermittelt werden. Das brauchen wir, um Menschen anzusprechen, sie in unsere Gemeinden einzuladen und für unseren Glauben zu interessieren.

Erstveröffentlichtung in Zeitschrift Franziskaner / Frühjahr 2017


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