28.10.2022 Bruder Stefan Federbusch

Zachäus, komm sofort herunter!

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Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Stefan Federbusch

Kaum begonnen, schon zerronnen. Liz Truss hat es geschafft, mit einer Amtszeit von nur 45 bzw. 50 Tagen die kürzeste Amtszeit einer Premierministerin in Großbritannien seit 1834 hinzulegen. Zum Verhängnis wurden ihr ihre Pläne für Steuersenkungen, die vor allen den Wohlhabenden und Unternehmen zugutegekommen wären. Steuerpolitik ist ein „heißes Pflaster“, auf dem sich die politischen Lagerkämpfe abspielen.

Einer, der da ein Wörtchen mitreden könnte, ist Zachäus. Jener kleine Mann auf dem Maulbeerfeigenbaum, der von Jesus gesehen und zum unfreiwilligen Gastgeber wird. Die Mitfeiernden katholischer Gottesdienste hören von ihm an diesem Wochenende. Was zunächst nach einer persönlichen Bekehrungsgeschichte aussieht, hat einen enorm politischen Hintergrund. Als Handlanger der imperialen Besatzungsmacht Rom trug Zachäus durch seine (willkürlichen) Zoll- und Steuereinnahmen zu einem ausbeuterischen System bei. Seine Einsicht und Umkehr eröffnen für ihn und alle Betroffenen neue Perspektiven.

Neue Perspektiven im Sinne der Gerechtigkeit wollen auch die Akteure schaffen, die ihre Kampagne bewusst nach Zachäus benannt haben. Die Mitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen, des Lutherischen Weltbundes und weiterer christlicher Kirchen setzen sich für eine größere soziale und ökologische Steuergerechtigkeit ein. Sie verweisen auf die soziale Dimension: auf die zunehmende Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen, Reichtum und Armut bei uns und in der Welt; auf die ökologische Dimension: auf die globale Erwärmung und den überproportionalen Beitrag, den die Reichen zum Klimawandel leisten sowie auf die entwicklungspolitische bzw. Eine-Welt-bezogene Dimension: auf das Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd und die strukturellen Zusammenhänge zwischen Überfluss und Mangel.

Der Staat trägt mit seiner Steuerpolitik ein hohes Maß an Verantwortung, da die Steuererhebung eine erhebliche Lenkungswirkung hat. Die Zachäus-Kampagne zielt auf eine faire Besteuerung, die zu mehr Gerechtigkeit führt und eine nachhaltige Wirtschaft fördert. Sie setzt dabei auf uns als Christinnen und Christen, denen Zachäus mit seiner Umkehr zum Leitbild wird. Schließen wir uns dieser Kampagne an, damit Jesus auch zu uns sagen kann: „Heute ist diesem Haus [dieser Einen Welt] das Heil geschenkt worden“.

Predigt zur Zachäus-Kampagne zum Download (PDF)


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