Basilika Vierzehnheiligen | Nr. 48 / 25. Jhrg. 2018/1

3 GLAUBEN LEBEN – das ist das Leitwort der Wallfahrtszeit 2018 in Vierzehnheiligen. Wir haben beide Wörter nebeneinander geschrieben und beide in großen Buchstaben. Warum? – Weil Glauben und Leben zusammengehören, weil Himmel und Erde zusammengehören. Und beide Wörter gehören groß geschrieben, weil beide für den Christen Bedeutung haben. Ein Glaube, der keinen Kontakt zum Leben gewinnt, ist tot. Ein Leben, das keinen Kontakt zum Glauben hat, läuft Gefahr, trost- und hoff- nungslos zu sein. Ein Glaube, der den Himmel nicht verlässt, erreicht die Erde nicht. Eine Erde ohne die Sehnsucht zum Himmel verliert sich in Selbstgenügsamkeit und Sinnlosigkeit. Himmel und Erde, Glaube und Leben gehören zusammen. Wie kommen sie zusammen? Ich denke an ein Erlebnis, das ich vor etlichen Jahren in einem kleinen Dorf im Paderborner Land hatte. Ich war dort zum Fronleichnamsgottesdienst und zur anschließenden Prozession. Die Messe war zu Ende und die Prozession wollte aufbrechen. Hin- ten in der Kirche nahmen sich vier Herren der Kirchenverwaltung „den Himmel“, den Baldachin auf vier Stangen, unter dem ich während der Pro- zession mit dem Allerheiligsten gehen sollte. Und dann passierte es. Die Männer stellten sich etwas unbeholfen an und der Himmel verhakelte sich in der Kirchentür. Sie brachten den „Himmel“ nicht durch die Tür. Erst mit vielen Verrenkungen und Hilfestellungen brachten sie ihn durch. Ich konnte mir das Lachen kaum verkneifen. Gleichzeitig machte mich diese Szene nachdenk- lich: Ist das nicht wie im täglichen Leben? In der Kirche feiern wir Gott, feiern wir den Glauben, feiern wir den Himmel – und dann bekommen wir den Himmel nicht durch die Kirchentür in unseren Alltag hinein. Wenn es heißt „den Glauben leben“, ist es aus mit den vielen schö- nen Worten, Gebeten und Liedern. Dann bist du eingeladen, deinen Alltag aus dem Glauben zu gestalten: Gottes Liebe in der Familie, in der Nachbarschaft Gestalt werden lassen, in den Belastungen des Lebens und Sterbens ein Mensch der Hoffnung zu sein, der sich nicht unterkriegen lässt, in der Hektik der täglichen Geschäftigkeit Oasen der Ruhe zu finden für ein Gebet, dich selbst zu mögen, weil Gott dich mag, deine Mit- menschen zumindest zu ertragen, weil auch sie Gottes geliebte Kinder sind. Glaube und Leben, Himmel und Erde, das gehört zusammen. Das ist es, was das Geheimnis der Menschwerdung Jesu uns sagen will. In Jesus sind Himmel und Erde eine lebendige Verbindung, er ist ganz Gott und ganz Mensch, in ihm bündelt sich der Himmel, in ihm bündelt sich die Erde – oder mit den poetischen Worten von Siegfried Fitz: „Als Gottes Sohn im Krippenstroh geboren ist, da hat der Himmel die Erde geküsst.“ In diesem Heft finden Sie einen Artikel unseres Mitbruders, des Franziskaners Ibrahim Alsa- bagh. Er ist Pfarrer in Aleppo. Er erzählt von den trostlosen Kriegserfahrungen der Menschen in Aleppo – und staunend lese ich, welche Kraft und welchen Mut zum (Über)Leben diese Menschen in ihrer unerträglichen Situation aus dem Glau- ben schöpfen. In diesen wie auch in den kommenden Heften stellen wir Ihnen jeweils einzelne Nothelfer vor, dieses Mal den heiligen Georg und den hl Blasius. Der eine schützt die Schutzlosen, der andere läßt es fließen zwischen Kopf und Herz. In einem weiteren Artikel erzählt Ihnen der Wallfahrtsführer von der Männerwallfahrt Bad Königshofen. Jahr für Jahr sind es um die vierhun- dert Männer, die die ca. 60 km lange Strecke an einem Tag unter die Füße nehmen. Abends wer- den sie müde aber glücklich von vielen Menschen mit Applaus empfangen und ziehen in die Basi- lika ein. Auch eine solche Wallfahrt ist gelebter Glaube! Mög‘ das neue Jahr unserem Glauben Leben – und unserem Leben Glauben schenken! P. Heribert Arens Rektor der Basilika G rüss G ott !

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