Basilika Vierzehnheiligen | Nr. 53 / 27. Jhrg. 2020/2

E IN R AUM DES T ROSTES IN V IERZEHNHEILIGEN T EXT ZUR T ITELSEITE 2 Noch immer bin ich fünf Monate nach meinem Start in die neue Aufgabe als Rektor dabei, Vierzehnheiligen in seiner Vielfalt zu entdecken. Neben der herrlichen, licht- du rc h f l u t e t e n Basilika selbst gibt es dort die anderen eher f u n k t i o n a l e n Räume wie die Sakristei, das Innere der Glo- ckentürme mit den schönen neuen Glocken und vieles mehr. Ein Raum ist mir als Seelsorger besonders wichtig, der in keinem Kunstführer erscheint. Das ist die sogenannte Kerzenkammer. Ich nenne sie die ‚Dunkelkammer‘. So schön und freundlich die Helligkeit des Kir- chenraumes auch ist, Menschen, die im Moment durch ein dunkles Tal gehen müssen, tut solches Licht bisweilen weh. Sie suchen einen Raum, der sich so anfühlt, wie sich ihre Seele gerade zeigt. Sie suchen den Trost der Dunkelheit. Was für ein Segen sind Menschen, die mein Dunkel mit mir teilen und aushalten, ohne mich ins Licht einer künstlichen Aufmunterung zerren zu wollen. Und wie gut tun dann dunkle Räume wie die ‚Dunkelkammer‘ in der Basilika von Vierzehnhei- ligen, ein Raum wie eine dunkle Höhle, in die ich mich verkriechen kann. Ein Gedicht von Kurti Marti vergleicht gar Gott mit einer solchen Höhle: „dunkel leuchtende höhle / wo wir / wärme suchen und zuflucht …/schöne höhle du gott / in der wir / immer schon gingen / und wußten es nicht“. „Schöne Höhle du Gott“. Gott wartet im Dunkel auf Menschen, die ihr Herz vor ihm ausschüt- ten wollen. Wer mag nicht alles in den zurücklie- genden dunklen Wochen bei ihm Zuflucht gesucht und sich mit sei- ner Finsternis bei ihm gebor- gen haben! Und dann, wenn sie lange genug ins Dunkel geschaut haben, haben sie eine Kerze entzündet, für sich oder einen lieben Menschen, und haben wieder ange- fangen, dem Licht zu trauen. Womöglich passiert dabei etwas Ähnliches, wie in der Dunkelkammer der analogen Fotografie. Da wird aus dem Negativ ein Positiv, aus dem Düsteren etwas Belichtetes. Da fangen die Men- schen wieder neu an, Bilder für ihr Leben zu entwickeln. „So spricht der Herr: Siehe: Die Finsternis vor ihren Augen mache ich zu Licht.“ (Jes. 42, 16) Das ist mein Wunsch für Sie: Kommen Sie nach Vierzehnheiligen! Wenn Ihr Herz voll Zuversicht und Dank ist, freuen Sie sich am Glanz unserer wunderbaren Basilika. Wenn Trauer und Sorge Sie erfüllt, suchen Sie den Trost der ‚Dunkelkam- mer‘ mit ihren Kerzen. Wo auch immer Sie sind: Gott wartet auf Sie, um Ihr Leben mit Ihnen zu teilen. Pater Dietmar Brüggemann ofm

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