Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 4

26 4/2022 schen.“ (E. Lorenz) So wundert es nicht, dass Ikonen die beiden oft zusammen zeigen. Maria von Ägypten in Kunst und Literatur Tatsächlich gibt eine Vielzahl von Sprachdokumenten Zeugnis von der bei uns im Westen ziemlich unbekannten Maria von Ägypten. Hymnen, Predigten, Legendensammlungen, gereimte Offizien zu ihrem Fest usw. erwähnen sie. Der bis 2004 in Freiburg lehrende Sprach- und Literaturwissenschaftler Konrad Kunze (Jg. 1939) hat für den deutschen Sprachraum wie kein anderer zu ihr geforscht und publiziert. Sein Fazit: „Die Vita der Dirne und Asketin weist schon in ihrer Urfassung die höchste Spannung zwischen Sinnenfreude und Weltentsagung auf. In Marias ,Auszug aus Ägypten‘ , dem Land der Knechtschaft und Sünde, in dieWüste mit der Hoffnung, das ,Gelobte Land‘, den Himmel zu erlangen, ist der Weg eines jeden Christen archetypisch gespiegelt… Ihre [der Legende] Tiefe und Einfachheit zog auch Autoren, welche sonst kaum Heiligenleben als Quelle benutzten, zur Gestaltung an und sicherte das Fortleben der Vita bis auf den heutigen Tag.“ (K. Kunze, 1968) Neben Goethe, der Maria am Ende von Fausts II erwähnt, haben u. a. auch Rainer Maria Rilke in seinem Gedicht „Die Ägyptische Maria“ und Martin Walser in „Halbzeit“ das Leben der Büßerin Maria aufgegriffen. Beeindruckend ist, wie Emil Nolde neben einer eigenen Darstellung der Maria (1912, heute Folkwang-Museum) mit seinem Triptychon „Heilige Maria Aegyptiaca“ (1912, Hamburger Kunsthalle) von 1912 in drei Schlüsselszenen ihrer Vita darstellt. Das erste Bild zeigt die Überfahrt von Ägypten nach Jerusalem: ein lachendes Weib, halbnackt zwischen entfesselten Seeleuten. Dazu im Kontrast das dritte Bild: neben dem abgezehrten, nackten nur von den Haaren bedeckten Leib der Büßerin der alte Mönch, fast in Verehrung zum Leichnam geneigt; dazu der mächtige Löwe als Helfer bei der Bestattung. Im Mittelteil: der dramatische Augenblick in der Grabeskirche, der über Marias Leben entscheiden sollte, in ihrer Not ist Maria mit dem Bildnis der Gottesmutter in Augenkontakt gekommen, hat die Hände hochgerissen, den Kopf in den Nacken geworfen und den Blick ganz nach oben gerichtet. Ottorino Respighi schuf 1931–1932 sein Mysterium Maria egiziaca nach dem Libretto von Claudio Guastalla, in New York und Vened i g 1932 uraufge führ t .Eine Oper von Alber to Franche t t i (1860–1942) gi lt als verschollen bzw. vernichtet. Bereits im 6. Jahrhundert war das Grab der Mar i a Ziel von Wallfahrten. Heute zeugt das linke Altarbild in der Kirche des GerasimosKlosters unwei t des Jordans bei Jericho anschaulich von der Verehrung des heiligen Mönchs Zosimas (Gedenktag: 4. April) und der Maria von Ägypten. Ihr Gedenktag ist in Ost und West der 1. April. Ansicht von Alexandrien im Jahre 1779, Ladislaus Mayr „Beschreibung der Reise in das Heilige Land Palaestina“, Klosterbibliothek München © Raynald Wagner IM LAND DES HERRN

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