Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 4

28 4/2022 IM LAND DES HERRN Kirche durch Erdbeben und Feuer in Mitleidenschaft gezogen. Dazu kamen willkürliche Zerstörungen: wir wissen zum Beispiel von der Zerstörungswut des Kalifen al-Hakim bi-amr Allah, der 1009 die Rotunde und die gesamte konstantinische Basilika zerstören ließ; im Nachgang berichtet Wilhelm von Tyrus, einer der bedeutendsten mittelalterlichen Geschichtsschreiber, dass alles zerstört wurde „bis auf das, dessen Zerstörung schwieriger war“. Dazu zählen wohl auch die Säulen der Rotunde, können die Archäologen doch bis zur Höhe von 12 Metern das konstantinische Mauerwerk – sorgfältig gehauene Quader – verfolgen. Gänzlich eingebaut werden die Säulen dann nach dem Brand von 1808, es wird berichtet: „Nach zwei Stunden stürzte die Kuppel über dem Heiligen Grab ein, riss die Galerien und einen Teil der Mauern mit fort und zerschmetterte die Säulen…“. Die Reste der Säulen – ihrer Tragfähigkeit beraubt – wurden dann in Pfeiler vermauert, so wie man es vor allem im westlichen Teil der Rotunde noch heute sehen kann. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, als von den drei in der Kirche vertretenen Gemeinschaften umfangreiche Restaurationen in Angriff genommen wurden, war die genaue Form der ehemals freistehenden Säulen nicht mehr genau bekannt, aber es gab eine sehr detaillierte Darstellung der Säulen in der „Ichnographiae Monumentorum Terrae Sanctae“ des Franziskaners Elzear Horn aus den Jahren 1724–1744, der uns auch eine genaue Zeichnung liefert: Erwähnt sei an dieser Stelle, dass dieser Franziskaner aus der Thüringischen Franziskanerprovinz stammt und die letzten 20 Jahre seines Lebens im Heiligen Land verbrachte, wo er unter anderem an mehreren Stellen als Organist wirkte und uns so wertvolle Informationen über die damals vorhandenen Orgeln liefert. Bei den besagten Renovierungen wurden die Informationen dieses Franziskaners herangezogen, um „neue“ Säulen und Kapitelle zu schaffen, so wie wir sie heute in der Rotunde des Säule der Grabeskirche wie sie im Buch vom P. E. Horn dargestellt ist © Petrus Schüler, Bibliothek Kommissariat München

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