Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 4

4/2022 33 Wie ein Siegel auf dein Herz – Christliche Tätowierungen im Laufe der Geschichte Marie-Armelle Beaulieu n einem Zeitraum von mehr als 500 Jahren ahmten die europäischen Christen, die ins Heilige Land pilgerten, ihre orientalischen Brüder das Tätowieren nach. Als Beweis für ihre Pilgerreise und auch um eine für sie unauslöschliche Erinnerung an diese Pilgerreise mitzunehmen, ließen sie sich tätowieren, an erster Stelle die Grabesritter. Jean de Thévenot (1633–1677) ist zufrieden. Er wurde gerade zum Ritter des heiligen Grabes geschlagen. Dies dürfte für ihn bei seiner Rückkehr ins christliche Europa von Vorteil sein. Im April 1658 wütet der Krieg zwischen Frankreich und Spanien noch, aber es heißt, dass die Spanier keine Ritter gefangen nehmen, auch wenn sie Franzosen sind. Bevor er das Heilige Land verlässt, erwähnt er in seinem Bericht nicht das klassische Pilgerzeugnis. Vier Tage zuvor hat er sich eine Zeichnung auf den Arm stechen lassen, „wie gemeiniglich alle Pilger zu thun pflegen“. Seine Beschreibung dieses Vorgangs, die erste, über die wir verfügen, lässt keine Zweifel aufkommen. Jean de Thévenot wurde am Arm tätowiert. Vor mehr als zweihundert Jahren haben die westlichen Christen diese orientalische Tradition übernommen. Die erste Erwähnung einer solchen Tätowierung geht auf das Jahr 1484 zurück. William Lithgow, der 1612 Jerusalem besucht, erzählt, dass er als Protestant kein Ritter werden wollte, aber dass er sich zumindest wie die anderen Reisenden tätowieren ließ. Er berichtet von diesemVorgang in seinen Irrfahrten: „Am letzten Tag unseres Aufenthalts gingen die Mönche mit uns noch einmal zum Heiligen Grab, wo wir die ganze Nacht blieben. In der Frühe kam ein gewisser Elias Araecheroa, der aus Bethlehem stammte und das Kloster mit Lebensmitteln versorgte, zu uns und stach uns auf unseren Wunsch das Jerusalemkreuz und den Namen Christi auf den Arm. Ich aber bat ihn, mir darunter auch noch die vier Kronen von König Jakob zu stechen und in den Reif der unteren Krone die Inschrift Vivat Jacobus Rex zu setzen, wofür ich ihm zwei Piaster zahlte. Als der Guardian sah, dass ich mir am HeiI

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