Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 4

34 4/2022 IM LAND DES HERRN ligen Grab eine Inschrift zu Ehren meines Königs hatte machen lassen, war sein Zorn groß, dass ich diese heilige Stätte mit dem Namen des Erzfeindes der römischen Kirche befleckt hatte.“ („Die wundersamen Irrfahrten des William Lithgow“ hrsg. von RogerWillemsen, 2009) Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Franziskanern und der Tradition der „Zeichnung“ bei den westlichen Pilgern, insbesondere der Tradition, sich ein Jerusalemkreuz „eingravieren“ zu lassen? Man weiß mit Sicherheit, dass dieses Kreuz schon zu den Attributen der Franziskaner vom Heiligen Land zählte. Seit 1480 und Johann von Preußen war es auf den Mänteln der zu Grabesrittern geschlagenen Pilger angebracht. Die „Tätowierer“ waren anscheinend Angestellte der Kustodie. Was aber nicht bedeutet, dass die Franziskaner diese Praxis unmittelbar gefördert hätten. Denn diese hat die kirchliche Institution weder in der Antike noch im Mittelalter gefördert. Selbst bei den Kopten, den Christen, die das Tätowieren am frühesten praktiziert haben, haben die Priester schon in der byzantinischen Zeit ihre Gläubigen ermahnt, es nicht zu tun. In Nubien ließen sich die Christen tätowieren, aber es war nie einem Sakrament gleichgestellt. Die Tätowierer waren nie Priester, was logisch ist, weil das Tätowieren im Alten Testament streng verboten war – wie im Islam übrigens auch. In einer Predigt erklärt Augustinus, dass das Siegel der Taufe dauerhafter ist als die Tätowierung der römischen Soldaten – ein unsichtbares, unauslöschliches Siegel. Sich mit den Leiden Christi vereinen Der Spezialist für die Tradition des Tätowierens unter den Pilgern in Jerusalem, Modechay Lewy, ein früherer Botschafter Israels beim Heiligen Stuhl, hat bis heute keine eindeutige Erklärung für diese Praxis gefunden. Dennoch ist er der Meinung, dass sie den Wunsch ausdrücke, sich mit den Leiden Christi zu identifizieren, da das Jerusalemkreuz auf der Haut des Pilgers bleibt

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