Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 1

IM LAND DES HERRN 16 1/2023 Reiseprogramm 469 Teilnehmer – 290 Männer und 179 Frauen – des II. oberösterreichischen Pilgerzuges im Jahre 1904 ins Heilige Land. Nach einer ersten Blüte von Mitte des 16. bis Ende des 17. Jahrhunderts, die durch die großen kriegerischen Wirren in Europa, die Kämpfe mit den Türken und letztlich die napoleonischen Kriege unterbrochen wurde, wurden Pilgerfahrten nach Palästina seit Mitte des 19. Jahrhunderts im ganzen deutschen Sprachraum wieder als organisierte Gruppenreisen, zunächst eher für den Klerus und wohlhabende Bürger, durchgeführt. Für Linz bedeutungsvoll war bereits eine der ersten derartigen Fahrten, die 2.österreichische Pilgerfahrt im Jahre 1856. Deren Leiter, Kanonikus Strigl, brachte „weiß wie eine Lilie und gebrochen am Fuß des Ölberges, nahe dem Grab Mariens“ den Grundstein des Mariä-Empfängnis-Domes – Neuer Dom – aus Palästina mit. Im Gründungsfenster der Votivkapelle des Domes ist sein Portait noch heute zu sehen. Mit der Einführung moderner Verkehrsmittel wie Bahn und Dampfschiff wurde es möglich, große Pilgerzüge zu organisieren und einen heute fast schon wieder in Vergessenheit geratenen Vorläufer des Massentourismus zu etablieren: die Massen-Volkswallfahrt. 500 Tiroler Pilger machten 1898 den Anfang in Österreich, und am 24. April 1900 brachen 519 katholische Männer unter der Führung des damaligen Diözesanbischofs, Franz Maria Doppelbauer, als I. oberösterreichischer Pilgerzug nach Jerusalem auf. „Eine mächtige Bewegung ergri f f al le Schichten des Volkes, wie zur Kreuzfahrerzeit erweckte der Ruf ,Gott will es!‘ ein Echo in tausenden Herzen.“ Dies notierte der Chronist des Pilgerzuges, Friedrich Pesendorfer. Als Massenfahrt wurden Pilgerreisen erschwinglich. Bauern und kleine Gewerbetreibende, Bürger und Beamte aus ganz Oberösterreich kamen zusammen, um die Reise anzutreten, nur mehr 62 sog. geistliche Personen standen 307 Laien gegenüber, davon 22 aus der Stadt Linz, wie zum Beispiel: Leopold Bauer, k. k. Kassadiener; Therese Fürlinger, Hausbesitzerstochter; Johann Hamberger, Bauer in Ebelsberg; Johann Herzog, Schriftsetzer; Lechfellner Anna, Trafikantin; Franz Reder, landschaftlicher Ratstürhüter; JakobWürzl, Schneider. Die Emanzipation der Pilgerinnen Der II. oberösterreichische Pilgerzug war für das Land ob der Enns jedoch aus einem anderen Grunde etwas Besonderes: erstmals war es Frauen gestattet, an einer Volkswallfahrt teilzunehmen. Dies bedurfte Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Frauenbewegung gerade erst in den Großstädten Fuß zu fassen begann, in Oberösterreich und der katholischen Kleinstadt Linz noch einer Pilger an Bord eines Schiffes zum Heiligen Land © Dia-Archiv Kommissariat München

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