Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 1

1/2023 21 Griechisch-römische Bauelemente Die Synagoge von Kafarnaum, wie sie sich heute dem Besucher darbietet, stammt leider nicht mehr aus der Zeit Jesu, sondern ist um das Jahr 400 n. Chr. entstanden. Sie ist eine Schöpfung von Baumeistern, die bei Römern und Griechen in die Schule gegangen sind und deren Formensprache übernommen haben. Der Ausgrabungsplatz, auf dem die Fragmente des Gebäudes aufgestellt sind, bietet Gelegenheit, die Ornamente und Symbole zu studieren, mit denen dieser prachtvolle Bau ausgestattet war. Unter ihnen taucht zweimal der Toraschrein auf, d. h. der Aufbewahrungsort für die bibl ischen Bücher und Schriftrollen. Die anderen Plastiken und Reliefs zeigen Darstellungen, die sich als Sinnbi lder des Lebens und der Fruchtbarkeit verstehen lassen: Die Palme mit Dattelbüschen erinnert an die uralte Vorstellung vom Lebensbaum; Weintrauben, Rankenwerk und Weinkrug s ymb o l i s i e r e n G e s und - heit, Rausch und Zeugungskraft. Mit anderen Worten: Di e Sy na goge , in der das Wort Gottes aufbewahrt und gelehrt wird, ist ein Ort , an dem Freude, Kreativität, zeitliches und ewiges Leben vermittelt werden. Vor dem Hintergrund dies e r S ymb o l i k gew i nn e n einige Jesusworte, die nach dem Johannesevangel ium in der Synagoge von Kafarnaum gesprochen wurden, einen neuen Klang: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt , wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“ (Joh 6,35). Denken können wir in diesem Zusammenhang auch an die Bildworte: „Ich bin der wahreWeinstock“ (Joh 15,1) und „Ich bin das Licht derWelt“ (Joh 8,12). Der Evangelist Johannes – so kann man mit einem modernen Autor sagen – „konzentriert alle Leben verheißenden Symbole auf die Person Jesu. Er lässt Tempel und Synagoge in Jesu eigene Heilskraft zusammenfließen“ (W. Bühlmann). Darstellung einer Palme an der Synagoge Alltag zur Zeit Jesu Alltag zur Zeit Jesu

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