Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 1

36 1/2023 ImWettbewerb mit mehr als 30 weiteren Bewerbern erhielten Bernd und Ima Hartmann den spektakulärsten Auftrag ihres Lebens: Die Gestaltung der achteckigen, von deutschen Sponsoren gestifteten Taufkapelle für den Neubau der Basilika der Verkündigung in Nazaret, die 1969 eingeweiht wurde. Die Kapelle befindet sich auf dem oberen Kirchplatz, extern (freistehend) vor der Kirche. Dass sie nicht in den Bau der Basilika integriert ist, beruht historisch auf der Tradition der frühen Christen, dass Ungetaufte nicht an der Feier der Eucharistie teilenehmen durften. In den Jahren von 1966 bis 1968 planten und arbeiteten beide Ehepartner intensiv an dieser großen Herausforderung. Der Mailänder Architekt Giovanni Muzio hatte dem Künstler-Ehepaar völlige Freiheit für den Entwurf und die Gestaltung der Kapelle gelassen. Während des mehrjährigen Schaffensprozesses gab es nationales und internationales Interesse an der Arbeit des Ehepaars Hartmann. Aus vielen Ländern kamen am Bau Beteiligte zur Besichtigung in das Atelier nach Lintel. Und nach der Vollendung ihres Werks, nach P. Gumbert Ludwig OFM ein „Kleinod christlicher Kunst“, reisten beide im April / Mai 1968 nach Nazaret und begleiteten selbst den Aufbau an Ort und Stelle. Die modernen, nicht figürlich gestalteten Fenster der Taufkapelle bestehen aus Rahmen und Rippen aus Bronze, die mit Glasflussbrocken in grünen und violetten Farbtönen gefüllt sind. Manche Betrachter fühlen sich durch diese Rippen an angedeutete, knorrige Rebstöcke erinnert. Der jahrzehntelang in Ägypten und Nazaret tätige Franziskanerpater Gumbert Ludwig deutet die farbigen senkrechten Glasbrocken als „herabfließendes Taufwasser“. Die Fenster sind transparent und ermöglichen den Blick auf den Mosaikboden vor der Nordseite der Basilika. Hier gestaltete der römische Maler und Mosaizist Adriano Alessandrini (1909–1976) das Gleichnis Jesu vom Himmelreich als Senfkorn, als dem „kleinsten von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten“ (Matthäus 13,31 f). Wenn man das Baptisterium betritt , fällt der Blick auf das Zentrum der Kapelle, die Taufszene Jesu. Sie wird im Matthäusevangelium in Vers 13–17 des 3. Kapitels erzählt. Der Täufer Johannes hatte über Jesus gesagt, er (Johannes) sei es nicht wert, ihm (Jesus) die Schuhe aufzuschnüDie Taufkapelle in Nazaret Brigitte Spieker Blick in das Innere der Taufkapelle ©Igor Hollmann

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