Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 3

3/2024 11 zurückzog und das Haus des Hananias, von dem Paulus getauft wurde. Dies war an der sogenannten Geraden Straße. Heute befindet sich dort eine Moschee. Br. Engelbert lebte und wirkte im Pauluskloster beim Bab Tuma, dem sogenannten Tomastor, unweit der Geraden Straße. Die Franziskaner wirken seit dem 16. Jahrhundert da. Hier in diesem Quartier drängt sich alles zusammen, was sich christlich bezeichnet: Syrer, Maroniten, Armenier, Katholiken. Die „Brüder mit dem Strick“, wie die Franziskaner im Hl. Land genannt werden, hatten in der Pauluspfarrei die 220 röm.-kath. Christen zu betreuen. Dazu kamen noch etwa 300 katholische Armenier. Auch leiteten sie eine Klosterschule mit ca. 100 Schülern. Im Pauluskloster fand P. Engelbert spanische Mitbrüder vor, denn nach uralt ererbtem Recht stand das Kloster in Damaskus spanischen Franziskaner aus der Kustodie des Heiligen Landes zu. Engelbert konnte hier also nur so lange bleiben, bis ein spanischer Mitbruder mit besseren Arabischkenntnissen als er zur Verfügung stand. Er hatte also einen recht unsicheren Status; denn er konnte jederzeit von hier abgezogen werden. Da der Pfarrer P. Carmelo Volta ziemlich kränklich war, verrichtete der junge und dynamische P. Engelbert praktisch alle seelsorglichen Aufgaben. Was das bedeutete schrieb er in einem Brief an P. Markus Vergeiner nach Bozen: „Was mein Wirken dahier anbelangt, so be- schränkt es sich größtenteil nur auf unsere Pfarrei, die im Ganzen nur 220 Seelen beträgt. Bei uns in Tirol könnte man als Kurat einer solch’ kleinen Pfarrei ganz ruhig und gemächlich leben; bei dem arabischen Volke aber habe ich mehr als genug zu tun. Es sind bisweilen Tage, wo ich den ganzen Tag auf den Füßen bin. Der Kurat muss sich in alles mischen. Gibt’s Streit, so ruft man den Kurat; ist ein Kind, sei es nur einen Tag alt, krank, so muss ihm der Kurat einige Evangelien über den Kopf herabbeten. Will sich einer verehelichen, so muss der Kurat die Braut verlangen und den Heiratskontrakt abschließen. Entflieht das Weib ihrem Manne, was sehr oft geschieht, – so muss ihr der Kurat nachlaufen und sie nach endlosem Zureden und Drohen wieder nach Hause bringen. Testamentsangelegenheiten sind gänzlich ihm übergeben. Und dann erst die Armenversorgung, Hauszinse, Kleider, Arzt, Arzneien hat der arme Kurat zu verschaffen…“ „Abouna Malak“, „Vater Engel“, für alle! Auf seine Initiative hin wurde dann für die Pfarr- und Klosterkirche ein Turm gebaut und eine vier Zentner schwere Glocke hineingehängt. Ein ganz mutiges Unternehmen, da das Kloster gleich neben der Moschee stand. Da der Heilige die einheimische Sprache schnell recht gut beherrschte, eroberte er rasch die Herzen seiner Gläubigen. Bei den verschiedensten Besuchen lernte er immer besser ihre Sitten und Gebräuche kennen. Der geschätzte Seelsorger aus Österreich wurde deshalb liebevoll „Abouna Malak“, „Vater Engel“, genannt. Im Kloster nannten ihn die Mitbrüder Junge arabische Christen bei der Karfreitagsprozession in Damaskus Engelbert Kolland Engelbert Kolland

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