Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 3

3/2024 17 iberias (hebr. Tvérja, arab. Tabaríje) ist die Hauptstadt von Galiläa und hat gut 40.000 Einwohner. Durch seine vielen Hotels und seine zentrale Lage ist es eine gute Basis für Besuche im Norden des Landes. Freilich hat das starke Wachstum der letzten Jahrzehnte die Stadt etwas unförmig werden lassen. Geschichte: Von den Städten, die einstmals am See blühten, ist nur diese erhalten geblieben. Herodes Antipas (4 v. Chr. bis 38 n. Chr.) erbaute sie in den Jahren 17–22 n. Chr. als neue Hauptstadt für Galiläa, zwischen der heutigen Stadt und den heißen Quellen von Hammat Tverja. Sie lag an der Stelle einer älteren unbedeutenderen Siedlung, wahrscheinlich das im Buch Josua (19,35) erwähnte Rakkat. Mit dem Namen Tiberias wollte er seinen Oberherrn und Gönner, Kaiser Tiberius (14–37 n. Chr.), ehren. Er nahm beim Bau keine Rücksicht auf einen vorhandenen Friedhof. Daher mieden die Juden Tiberias zunächst als unrein, Priester durften es nicht betreten. Ob Jesus je hier war, wissen wir nicht. Der üble Ruf von Tiberias änderte sich, als nach der Zerstörung Jerusalems und der Vertreibung der Juden aus Judäa (135 n. Chr.) der Sanhedrin (Hohe Rat) und die jüdische Gelehrtenwelt sich nach Galiläa zurückziehen mussten. Bereits um die Mitte des 2. Jahrhunderts kam Rabbi Schimon bar Jochai nach Tiberias und erklärte es zur „reinen“ Stadt. Das einst gemiedene Tiberias wurde mit der Zeit sogar zu einer der vier „heiligen Städte“ des Judentums. Zum Beweis seines hohen Ranges kann Tiberias auf mehrere Rabbinergräber verweisen: das Grab von Jochanan ben Zakkai, des Gründers der Rabbinerschule von Javne (Ende des 1. Jahrhunderts); das Grab des Gelehrten Rabbi Akiba, der den Bibeltext bis auf die Anzahl der Buchstaben autoritativ festgelegt hat und der wahrscheinlich 135 n. Chr. als Märtyrer des Bar-Kochba-Aufstandes gestorben ist; das Grab des Rabbi Meïr Baal ha-Nes (des „Wundertäters“, 2. Jahrhundert). Zu ihnen kam im Mittelalter noch das Grab des Rabbi Mosche ben Maimon (Maimonides) hinzu. Um 400 wurde hier der Jerusalemer Talmud vollendet; obwohl in Tiberias entstanden, wird er Jerusalemer Talmud genannt, um ihn vom Babylonischen Talmud zu unterscheiden, einer in Mesopotamien (Babylon) entstandenen Parallelüberlieferung. Während der überlieferte Bibeltext jener talmudischen Zeit noch weitgehend ein Konsonantentext war und die Einfügung der richtigen Vokale der Überlieferung und der Kenntnis des Lesers überlassen blieb, begann man im 8. Jahrhundert in Tiberias die Vokale durch Punkte über und unter den Buchstaben anzuzeigen. Diese tiberiensische Punktation setzte sich durch und ist bis heute im hebräischen Bibeltext maßgebend. Ansicht von Tiberias um 1860, Meßmer, Klosterbibliothek München Tiberias Heinrich Fürst OFM/Gregor Geiger OFM T

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