Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 3

36 3/2024 3. Das Salbungshäuschen Der Gedenkort für den Salbungsstein, in Jerusalem gleich beim heutigen Eingang in die Grabeskirche, ist in Görlitz mit einer kleinen spätgotischen Architektur als Wetterdach geschützt. Auf einem im Kulturhistorischen Museum Görlitz (Inventar-Nr. 20-49) aufbewahrten Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert, nachträglich koloriert und ergänzt im 17. Jahrhundert ist die ursprünglichere Gestaltung des Salbungshäuschens noch gut zu erkennen. Eine handschriftliche Betrachtung erschließt das Dargestellte und die fromme Absicht dahinter: „Es nimmt dies fromme Weib dich JESU auf den Schooß, / und salbet dich wohl! Ich will dies dabey bedencken: / Dein bittrer Creutzes Tod macht mich von Sünden loß, / und du willst mir dadurch Heyl Gnad und Leben schenken / ich kann auf dieser welt kein größres Reichthum haben. / Zur Danckbarkeit will ich dich in mein Hertz begraben.“ Der ursprüngliche Holzschnitt bezog sich wahrscheinlich nicht auf die anders gebildete Görlitzer Pietà und wurde er durch die anonyme Veränderung auf das Salbhaus des Heiligen Grabes bezogen. Im handschriftlichen Text wird diese ikonographische Veränderung von der Beweinung (Pietà) zur Salbung des Leichnams Jesu vollzogen. Das Blatt ist ein seltenes Beispiel für die nachreformatorische Andachtspraxis im Heiligen Grab zu Görlitz. Erstaunlich bleibt, dass mit der Reformation nicht das ganze Ensemble einem protestantischem Bildersturm zum Opfer gefallen ist, der sonst vielerorts zu registrieren ist. Bis heute erhaltene zahlreiche Inschriften und Kritzeleien der Besucher an den Bauten sind sichtbarer Ausdruck der Beliebtheit des Ortes auch nach der Reformation. Quasi genuin katholische Ausdrucksformen zur Veranschaulichung des Passionsgeschehens wurde im Wesentlichen übernommen. So wurde seit dem Ende der Seelenmessen im 16. Jahrhundert darauf verzichtet, wie Urkunden belegen, den spätmittelalterlichen Holzkruzifixus während der Osterliturgie im Grab zu deponieren, wie es in Jerusalem am Karfreitag bis heute immer noch feierlich begangen wird. Im Salbungshäuschen war der protestantische Eingriff deutlicher. Die ursprüngliche Pietà, von Hans Olmützer um 1500 gefertigt, wurde durch die Hinzufügung eines Salbgefäßes zur Salbungsszene umgeformt, und aus der Gottesmutter im Sinne einer protestantischen Ikonographie eine Maria Magdalena gemacht. Die Inschrift „O mater Die, miserere mei, o Jesu Christe, propicius mihi esto“ (O Mutter Gottes, erbarme dich meiner, o Jesus Christus, sei mir gnädig) passt nicht mehr zum heute Dargestellten, ist aber auch kaum noch lesbar. Nachwirkungen des Lausitzer Jerusalems in Görlitz Zum 500-jährigen Jubiläum des Heiligen Grabs erschien 2005 eine beachtenswerte Begleitpublikation zur Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Görlitz (10. September 2004 bis 23. Januar 2005) unter dem Titel „Lausitzer Jerusalem. 500 Jahre Heiliges Grab zu Görlitz“, herausgegeben von Ines Anders und Marius Winzeler. In Wort und Bild ist darin dokumentiert, welche breite Beachtung die Görlitzer Grabanlage mit seinen drei markanten Gebäuden des Grabs, des Salbungshäuschens und der Kreuzkapelle gefunden und sich bis heute bewahrt hat. Einen Abbildungsband neben bedeutenden anderen erwähnt der Katalog (und es sei mir erlaubt, diesen herauszugreifen, weil er einen direkten Vorfahren von mir namentlich erwähnt; P. Robert Jauch): „Joachim Daniel Jauch (um 1690–1754) (Das Geburtsjahr ist genauer bekannt: 1688; R. J.) Die wahre Figur wie das Salbungshäuschen IM LAND DES HERRN

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=