4/2024 17 Noach, der Erbauer der Arche Noach, der Erbauer der Arche gen Schritte der Noach-Geschichte, die weitgehend eine Sintflut-Erzählung ist, werden nämlich (ohne dass ein Grund dafür erkennbar ist) doppelt geschildert: Die Verderbtheit der Menschen – Gottes Entschluss, sie zu vernichten – die Ankündigung der Flut – der Befehl Gottes, in die Arche zu gehen – das Steigen des Wassers – das Umkommen der Lebewesen – das Ende der Flut – die Verheißung Gottes, keine Flut mehr über die Erde zu bringen. Auffällig ist auch, dass abwechselnd von „Gott“ (Elohim) und „Herr“ (Jahwe) gesprochen wird. Am meisten aber dürften den heutigen Leser gewisse Widersprüche irritieren, die der vorliegende Bibeltext enthält: So soll Noach z.B. einmal von reinen Tieren sieben Paare und von den unreinen jeweils nur ein Paar in die Arche mitnehmen. Ein andermal aber von allen Tieren unterschiedslos nur ein Paar. – Auch die Zeitangaben stimmen nicht überein. Einmal heißt es: Die Flut dauerte vierzig Tage, dann wieder: das Wasser schwoll hundertfünfzig Tage lang auf der Erde an. Diese Doppelungen und Widersprüche rühren daher, dass in unserem Text zwei SintflutErzählungen kunstvoll miteinander verflochten wurden. Mit einiger detektivischer Begabung kann man – selbst in der deutschen Übersetzung – die Erzählfäden beider Geschichten voneinander trennen. – Die ältere Sintfluterzählung stammt von einem Theologen, der den Gottesnamen „Jahwe“ gebraucht, und den die Fachleute deshalb den „Jahwisten“ genannt haben. Er hat um 950 v.Chr. unter König Salomo gewirkt. – Die zweite Erzählung ist rund 400 Jahre jünger. Sie verwendet den Gottesnamen „Elo-him“, und ist von schriftgelehrten Priestern im Babylonischen Exil verfasst worden. – Dabei ist zu bemerken, dass weder der Jahwist, noch die „Priesterschrift“ den Inhalt ihrer Geschichten erfunden haben (wie das ein moderner Romanschriftsteller tut). Sie bedienen sich vielmehr uralter Materialien, wie sie damals im ganzen Vorderen Orient verbreitet waren. – Bei der Rekonstruktion unserer Noach-Geschichte werden wir uns vorwiegend vom Jahwisten führen lassen. Engelehen und Riesen Das Kapitel über Noach und die Schlechtigkeit der Welt (Gen 6) beginnt mit einem sehr urtümlichen Motiv: Die Geister des himmlischen Bereichs („Gottessöhne“ genannt) entbrennen eines Tages in sexuellem Verlangen nach den schönen Menschentöchtern. Sie steigen auf die Erde herab und verbinden sich mit den attraktiven Frauen. Aus dieser Verbindung gehen Wesen hervor, die unser Text „Helden der Vorzeit“ (Gen6,4) nennt. Man kann auch von Übermenschen, Halbgöttern oder Riesen sprechen (weil sie an Körpergröße ihre Mitmenschen weit überAuszug aus der Arche, Nachfolge F.I. Stainhart, Elfenbein um 1710 © Bayerisches Nationalmuseum München
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